11.7.2007

Ergänzungspflegschaft für minderjährige Erben trotz Testamentsvollstreckung?

Nicht selten kommt es vor, dass ein Erblaser sein Vermögen seinen Enkeln zuwendet, über den Nachlass Testamentsvollstreckung anordnet und den Eltern seiner Enkel für die Zeit deren Minderjährigkeit auch noch die Vermögenssorge über den Nachlass mittels Testament entzieht. Mit einem solchen Fall hatte sich nun das Schleswig-Holsteinische OLG zu befassen: die beiden Enkelkinder des Erblassers erhielten dessen Nachlass, und es wurde Testamentsvollstreckung angeordnet, da die Enkel minderjährig waren. Weil deren eigenen Eltern allerdings im Hinblick auf Geldangelegenheiten unzuverlässig waren, wollte der Großvater (Erblasser) nicht, dass die Eltern den zugewendeten Nachlass im Rahmen der elterlichen Sorge – Teilbereich Vermögenssorge – verwalteten. Er entzog ihnen daher die Vermögenssorge und übertrug diese zusätzlich auf den Testamentsvollstrecker. Das Familiengericht hatte dennoch eine Ergänzungspflegschaft angeordnet mit dem Wirkungskreis: „Verwaltung des Vermögens, das der minderjährige von Todes wegen nach dem Erblasser erhalten hat, da dieser die Eltern durch Testament von der Vermögenssorge ausgeschlossen hat.“ Im Beschwerdeverfahren gegen die Bestellung einer Ergänzungspflegerin stellte das OLG nun klar, dass die Ergänzungspflegschaft zu Recht angeordnet worden war. Dies wurde damit begründet, dass eine Personenidentität zwischen dem Testamentsvollstrecker und Vermögensverwalter nicht möglich sei. Der Testamentsvollstrecker müsste sich selbst, wäre er gleichzeitig Vermögensverwalter, kontrollieren und könne daher weder zum Vermögensverwalter noch zum Ergänzungspfleger bestellt werden. Daher ist es dem Erblasser untersagt, mit bindender Wirkung zu bestimmen, dass der Testamentsvollstrecker zugleich Ergänzungspfleger sein soll (Schleswig-Holsteinisches OLG, ZErb 2007, 264 f.). Praxistipp: Der Erblasser, der sich mit dem Gedanken trägt, sowohl die Vermögensverwaltung seines Nachlasses den Eltern minderjähriger Erben zu entziehen und über den Nachlass Testamentsvollstreckung anzuordnen, muss hierfür zwei verschiedene Personen auswählen. Andernfalls wählt das Familiengericht selbst einen Ergänzungspfleger aus.

Erstellt von Wolfgang Roth, FAErbR, Obrigheim



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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