23.1.2009

Verschwiegenes Schwarzgeld als Entlassungsgrund

Verschwiegener Nachlassteil ist Grund, den Testamentsvollstrecker zu entlassen Verschweigt ein Testamentsvollstrecker Bestandteile des Nachlasses und nimmt sie nicht in seine Verwaltung, stellt dies ein grobe Pflichtverletzung dar, die dessen Entlassung aus wichtigem Grund gem. § 2227 I BGB rechtfertigt. Dies hat nun das OLG Schleswig entschieden.

Der 1977 verstorbene Erblasser setzte mittels privatschriftlichem Testament von 1972 eine seiner Töchter als Vorberbin ein, die anderen Töchter sowie seinen Enkel und die Witwe als weitere Vollerben. Der Schwiegersohn (Ehemann der Vorerbin und Jurist) wurde als Testamentsvollstrecker berufen. Er hatte die Aufgabe, den Erbteil der Vorerbin wie das Vermögen eines Mündels zu verwalten und entsprechend zu verwenden.

Kurz nach dem Tod des Erblassers wurde dem Testamentsvollstrecker ein Schweizer Depotkonto des Erblassers in Höhe ca. 100 000 Schweizer Franken bekannt, von dem nur die Witwe wusste, die auch eine Vollmacht für dieses Depot innehatte. Der Testamentsvollstrecker nahm dieses Depot weder in das von ihm erstellte Nachlassverzeichnis auf, noch offenbarte er es den Erben, da er befürchtete, beim Depotguthaben handele es sich um „illegale Vermögensteile“ des Erblassers. Den übrigen Nachlass in Höhe ca. DM 590 000 verzeichnete und verwaltete er ordnungsgemäß. Erst 2002 teilte er den Erben mit, dass sich in der Schweiz noch Nachlassvermögen befand und dieses aktuell ca. 167 000 Schweizer Franken betrug.

Die Erben beantragten daraufhin die Entlassung des Testamentsvollstreckers, weil er 25 Jahre lang Nachlassvermögen verschwiegen habe, daher nicht vertrauenswürdig sei und die Befürchtung bestehe, dass auch andere Vermögenswerte verheimlicht oder vielleicht verbraucht sein könnten. Dies stelle einen Entlassungsgrund gem. § 2227 I BGB dar.

Das OLG Schleswig wies das Nachlassgericht an, den Testamentsvollstrecker zu entlassen und einen neuen zu bestellen. Das OLG Schleswig sieht als „wichtigen Grund“ zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung Tatsachen an, die bei den Beteiligten ein Misstrauen in die unparteiliche Amtsführung des Testamentsvollstreckers hervor rufen können, ohne dass es dabei auf ein Verschulden des Testamentsvollstreckers ankommt (MünchKomm, § 2227 Rdnr. 9).

Allein schon die unvollständige Erstellung des Nachlassverzeichnisses gem. § 2215 I BGB stellt eine grobe Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstrecker dar, weil er einen wesentlichen Vermögensbestandteil verschwiegen und nicht verzeichnet hat. Ein vollständiges Nachlassverzeichnis ist unverzichtbare Grundlage für die ordnungsgemäße Amtsführung, spätere Rechenschaftslegung, Kontrolle des Verwaltungshandelns insgesamt und für die kontrollierbare Herausgabe des Nachlasses nach Amtsbeendigung sowie die Feststellung einer etwaigen Haftung des Testamentsvollstreckers.

Außerdem stellt das OLG fest, dass der Testamentsvollstrecker es zugelassen und ermöglicht hat, dass jedenfalls die mit einer Kontovollmacht versehene Witwe des Erblassers hätte jederzeit unkontrolliert auf das betreffende Vermögen zugreifen können. Dadurch sind die Vermögensinteressen der Miterben einer latenten Gefahr ausgesetzt.

Eine weitere grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers sieht das Gericht darin, dass er entgegen den Anweisungen im Testament den Anteil der Erben an dem Schweizer Vermögen nicht mündelsicher angelegt und die angefallenen Zinsen nicht entsprechend § 1649 BGB für den Unterhalt der Vorerbin verwendet hatte.

Außerdem sei alleine dadurch, dass sich das Vermögen in der Schweiz befand, noch kein triftiger Grund für eine illegale Vermögensanlage geschaffen worden; vielmehr hätte der Testamentsvollstrecker aufklären müssen, ob es sich tatsächlich um Schwarzgeld gehandelt habe, wann das Konto angelegt wurde und welche Zinsen dort entstanden waren. Erst dann hätte der Testamentsvollstrecker Anhaltspunkte für einen Verdacht der Steuerhinterziehung gewinnen können.

Praxishinweis: Ein vollständiges Nachlassverzeichnis zu erstellen, ist eine der „Kardinalspflichten“ des Testamentsvollstreckers. Ein Verstoß kann bereits einen Entlassungsantrag rechtfertigen. Zur Vermeidung der Haftung sollten sogar ggf. illegale Vermögenswerte aufgenommen werden, wie die Entscheidung nun zeigt.

OLG Schleswig, Beschl. vom 19.9.2008 – 3 Wx 98/03

Erstellt von Wolfgang Roth, FAErbR, Obrigheim



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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