4.10.2010

Testamentsvollstrecker darf sich nicht selbst verklagen

Das OLG Frankfurt hatte einen Fall zu entscheiden, der nicht alltäglich ist, aber wichtige Fragen zur Klagebefugnis eines Testamentsvollstreckers löst:


Der Fall:

Die Erblasserin hinterließ drei Kinder als Miterben zu gleichen Teilen. Ein Sohn wurde testamentarisch zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Bereits zu Lebzeiten übertrug die Erblasserin ein Hausanwesen an die Kinder. Sie bewohnte weiterhin das Anwesen als Nießbraucherin und trug auch die laufenden Kosten.


Nach deren Tod beschlossen die Eigentümer, dass der Sohn das Anwesen verwalten und die Kosten von einem Nachlasskonto entnehmen sollte. Dazu wurde ihm auch eine Vollmacht erteilt. Nach Verkauf des Hauses wurde der Erlös an die Eigentümer verteilt, wobei zwischenzeitlich aufgelaufene Hauskosten unberücksichtigt blieben. Der Kläger gab dazu an, seit dem Tod der Mutter seien Hausnebenkosten von ca. Euro 88 000 angefallen. In seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker verklagte er einen der Miterben auf Zahlung von 1/3 dieser Kosten i.H. von ca. Euro 29 000. Der beklagte Bruder trat dem mit dem Argument entgegen, dass die ein-geklagten Ansprüche solche wegen verauslagter Kosten der Hausverwaltung seien und nichts mit der endgültigen Erbschaftsaufteilung zu tun haben. Das LG wies die Klage ab, da die Begleichung der Kosten kein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht seien, § 2212 BGB. Auch wenn laut Beschluss der Miterben die Hauskosten aus dem Nachlass gezahlt wurden, ist dadurch noch keine Nachlassverbindlichkeit begründet worden, die der Testamentsvollstrecker zu erledigen habe, denn dabei handelt es sich um eine ge-meinschaftlich beschlossene Teilungsmaßnahme.

Im Übrigen würden sich Ersatzansprüche des Nachlasses gegen alle Mitglieder der Eigentümergemeinschaft als Gesamtschuldner richten, in welcher der klagende Testamentsvollstrecker selbst Mitglied ist. Daher sei er von der Verwaltung des Nachlasses ausgeschlossen und könne die Forderung nicht als Testamentsvollstrecker gegen eine Eigentümergemeinschaft einklagen, der er selbst angehört (BGH NJW-RR 2003, 217).


Die Entscheidung des OLG Frankfurt:

Diese Rechtsansicht stützt das Berufungsgericht, verhilft der Berufung jedoch aus einem anderen Grund zum Erfolg. Das OLG bestätigt, dass der Kläger in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker die Zahlungsklage nicht erheben kann. Durch die getroffene Vereinbarung, dass der Kläger als Miteigentümer der Immobilie die Hausverwaltung übernehmen sollte, folgt, dass die Pflicht zur Zahlung der Hauskosten auf die Beteiligten letztlich als Miteigentümer übergeht. Auf Grund der erteilten Vollmacht vertritt er daher die Mit-eigentümergemeinschaft nicht als Testamentsvollstrecker, sondern als Miteigentümer. Die Berechtigung, die Erstattung der anteiligen Hauskosten vom Beklagten einzufordern, folgt deshalb bereits aus der allgemeinen Regel des § 748 BGB. Diese wird nicht dadurch zu Gunsten erbrechtlicher Erstattungsansprüche verdrängt, dass die Hauskosten nach dem Tod der Erblasserin mittels Beschluss der Miterben von einem Nachlasskonto bezahlt wurden.


Praxishinweis:

Der als Testamentsvollstrecker klagende Miterbe war gleichzeitig Miteigentümer, wobei die Mit-glieder der Erbengemeinschaft sowie der Eigentümergemeinschaft am Hausanwesen identisch waren. Liegt eines solch besondere Konstellation vor, tritt die Klagebefugnis als Testamentsvollstrecker hinter das allgemeine Gemeinschaftsrecht zurück. Ist ein Testamentsvollstrecker Miterbe einer Erbengemeinschaft und gleichzeitig Mitglied einer Eigentümergemeinschaft, die aus den Miterben besteht, kann er in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker also keine Ansprüche der Eigentümergemeinschaft gegen die Miterben einklagen.


OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 17.5.2010 – 16 U 121/09

 

Eingefügt von FAErbR Wolfgang Roth

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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