20.10.2011

Der Testamentsvollstrecker ist gemäß § 2221 BGB angemessen zu vergüten.

Problematisch ist die Vergütungsfrage insbesondere dann, wenn das Amt der Testamentsvollstreckung zunächst wirksam bestanden hat, später jedoch weggefallen ist.

I. Problemstellung

Übt der Testamentsvollstrecker aufgrund einer wirksamen Anordnung seines Amtes und seiner Befugnisse in einer letztwilligen Verfügung seine Tätigkeit aus, ist er nach § 2221 BGB zu vergüten. Wird das die Testamentsvollstreckung anordnende Testament nachträglich wirksam angefochten, erfolgt die Erbausschlagung, sodass gesetzliche Erbfolge eintritt oder taucht eine zeitlich spätere letztwillige Verfügung auf, in welcher die ursprüngliche Anordnung der Testamentsvollstreckung widerrufen oder aufgehoben wurde, ist die ausgeübte Tätigkeit des Testamentsvollstreckers von Anfang an unwirksam gewesen. Ob und welcher Vergütungsanspruch in dieser Konstellation für den zunächst „gutgläubig“ handelnden Testamentsvollstrecker besteht, ist zwischen Rechtsprechung und Literatur streitig.

II. Die Leitlinien der Rechtsprechung

Hat das Amt der Testamentsvollstreckung zunächst wirksam bestanden, ist ein Vergütungsanspruch nach §§ 2218, 2221 BGB jedenfalls dann gegeben, solange sich der Testamentsvollstrecker ohne Verschulden über den Fortbestand seines Amtes geirrt hat, §§ 2218, 647 BGB. War die Erblasseranordnung hinsichtlich der Testamentsvollstreckung jedoch von Anfang an unwirksam, gelten §§ 2218, 2271 BGB nicht unmittelbar. Der BGH differenziert in diesen Fällen, ob der Testamentsvollstrecker gutgläubig auf das Bestehen seines Amtes vertraut hat, und ob die Erben seiner Tätigkeit widersprochen haben oder nicht (BGH NJW 1977, 1727). Haben die Erben von vorne herein die Tätigkeit des gutgläubigen Testamentsvollstreckers zunächst akzeptiert, besteht zu seinen Gunsten nach § 683 BGB sowohl ein Anspruch auf Aufwendungsersatz als auch nach §§ 675, 612, 2218 I BGB analog ein Vergütungsanspruch (BGH NJW 1963, 1615). Haben die Erben der Tätigkeit des gutgläubigen Testamentsvollstreckers jedoch bereits zu Beginn seiner Amtsführung widersprochen, soll jeglicher Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruch des Testamentsvollstreckers entfallen (BGH NJW 1977, 1726). Es soll dann kein gesetzliches oder auf andere Weise geartetes Schuldverhältnis zwischen Erben und Testamentsvollstrecker bestanden haben, welches seinen Vergütungsanspruch tragen könnte.

III. Die Ansicht der Literatur

In der Literatur wird die analoge Anwendung der §§ 2218, 2221 BGB auch hinsichtlich der Fälle befürwortet, in welchen die Erben der Tätigkeit des zunächst gutgläubigen Testamentsvollstreckers von Anfang an entgegen traten (Tiling, ZEV 1998, 331, 339; Bengel/Reimann HB der Testamentsvollstreckung, 4. Aufl. 2010, Kap. VIII, Rdnr. 167; Mayer/Bonefeld/Wälzholz/Weidlich, Testamentsvollstreckung, 2. Aufl. 2005, S. 298 f.). Diese Rechtsansicht stützt sich darauf, dass ausschließlich der Erblasser mit seiner testamentarischen oder erbvertraglichen Anordnung einen Rechtschein zugunsten der Testamentsvollstreckung begründet hat, den sich die Erben zurechnen lassen müssen. Andernfalls trüge alleine der Testamentsvollstrecker bei Widerspruch der Erben gegen seine Tätigkeit das volle Risiko über die Wirksamkeit seiner Ernennung. Dies geht unter Umständen so weit, dass ihm weder Aufwendungsersatz- noch Vergütungsansprüche zustehen.

IV. Fazit

Die Rechtsprechung verkennt, dass der Testamentsvollstrecker vom Erblasser nicht selten auch und gerade deswegen eingesetzt und mit umfassender Handlungsbefugnis ausgestattet wird, um notfalls gegen den Willen der Erben zeitnah zum Tod des Erblassers zu handeln. Er leitet seine Befugnisse deshalb ausschließlich vom Erblasser ab. Erhält er darüber hinaus noch vom Nachlassgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis, streitet der entsprechende Rechtsschein für seine Handlungsbefugnis, so dass er über die analoge Anwendung der §§ 2218, 2221 BGB geschützt werden muss. Insoweit liegt eine rechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben vor, die nicht allein durch die Frage, ob die Erben der Tätigkeit des Amtsträgers widersprechen oder nicht, einseitig zu Lasten des Testamentsvollstreckers negiert werden kann. Da bei widersprechenden Erben eine Vergütungsvereinbarung zwischen dem Testamentsvollstrecker und diesen über seine geldlichen Ansprüche in der Praxis nicht zu erzielen sein wird, darf das Vergütungsrisiko zugunsten des gutgläubigen Testamentsvollstreckers nicht einseitig auf diesen abgewälzt werden. In letzter Konsequenz zwingt die Rechtsprechung den Testamentsvollstrecker dazu, eine Feststellungsklage dahingehend zu erheben, dass er sein Amt berechtigter Weise ausübt; dies lag sicher nicht im Sinne des Erblassers, der den Testamentsvollstrecker „rechtssicher“ eingesetzt wissen wollte. Soweit ersichtlich wurde in den letzten 20 bis 30 Jahren keine obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser vergütungsrechtlichen Frage mehr veröffentlicht. Es bleibt daher zu hoffen, dass sich die schlagkräftigen Argumente der Literatur gegenüber der noch höchstrichterlichen Rechtsprechung eines Tages durchsetzen werden.



Erstellt von: Wolfgang Roth - Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim

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