31.05.2016
Testamentsvollstreckung beim Behindertentestament

Ausdrückliche Anordnung der Nacherbenvollstreckung nicht vergessen!

Wird ein behindertes Kind, das nicht selber für seinen Unterhalt sorgen kann und deswegen Sozialleistungen bezieht, Erbe, droht der Zugriff des Sozialleistungsträgers auf das Vermögen bzw. können Sozialleistungen für das Kind verweigert werden, bis das Erbe aufgezehrt ist. Erst dann kann es wieder Sozialleistungen erhalten.

Das Behindertentestament zeichnet sich dadurch aus, dass der Zugriff von dritter Seite auf das Erbe dauerhaft verhindert wird, das Kind ungekürzt Sozialleistungen beziehen kann und zusätzliche Leistungen, die nicht sozialhilfeschädlich sind, erhält. Nach dem Tod des Kindes wird das zunächst an das (behinderte) Kind vererbte Vermögen weiter in der Familie vererbt und so der Familie erhalten. Das Kind hat dabei den Vorteil, das es dauerhaft neben den Sozialleistungen Zusatzleistungen, für Urlaube, besondere Krankenbehandlungen, Kleidung, etc. erhält, weswegen Behindertentestamente auch von der Rechtsprechung nicht als sittenwidrig angesehen werden.

Konstruktiv wird dies dadurch erreicht, dass das behinderte Kind im Testament nur zum Vorerben eingesetzten wird und dessen Abkömmlingen bzw. die Geschwister oder deren Abkömmling zu Nacherben. Im Nacherbfall (Tod des behinderten Kindes) geht die Erbschaft auf die Nacherben über, ohne dass, der Staat darauf zugreifen könnte. Der Schutz des Vermögens wird letztlich dadurch sicher gestellt, dass die Vorerbschaft durch einen Testamentsvollstrecker verwaltet wird.  Erfolgt keine Testamentsvollstreckungsanordnung, ist der Zugriff möglich.

Wie einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 15.04.2016 - 34 Wx 158/15, BeckRS 2016, 07465) entnommen werden kann, muss beim Testieren aufgepasst werden, dass der Testamentsvollstrecker nicht nur für den Vorerben als Testamentsvollstrecker tätig wird, sondern auch für die Nacherben. Andernfalls droht eine Handlungsunfähigkeit. Denn die angeordnete Testamentsvollstreckung für den Vorerben beim Behindertentestament erfasst nicht ohne weiteres auch die Verfügungsbefugnis  für den Nacherben, was insbesondere bei Verfügungen über Immobilie erhebliche Schwierigkeiten mit sich bringen kann. Es sollte deshalb immer ausdrücklich im Testament klargestellt werden, dass der Testamentsvollstrecker auch sogleich Nacherbenvollstrecker ist.  Weiter ist es ein Muss in der letztwilligen Verfügung klarzustellen, ob das behinderte Kind auch aus der Vermögenssubstanz durch unterstützt werden darf oder nur aus den Erträgen.

Tipp vom Fachanwalt für Erbrecht: Das Behindertentestament ist absolute Spezialmaterie und gehört in die Hände eines Experten, wenn man nicht über eine der vielen Fallstricke stolpern möchte. Mehr zum Behindertentestament unter www.ndeex.de/erbrecht_aktuell/1141029696.html.



Erstellt von: Armin Abele - Fachanwalt für Erbrecht, Reutlingen

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