29.07.2017
Verfahren über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers

Versagungsermessen des Nachlassgerichts

Ein Testamentsvollstrecker kann vom Nachlassgericht auf Antrag eines Beteiligten gegen seinen Willen entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, § 2227 BGB.

Zu Fragen des Verfahrens und der vom Nachlassgericht vorzunehmenden Abwägung hat sich das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Beschluss vom 10. Febr. 2017 instruktiv geäußert.

 

Die Erblasserin hatte in einem notariellen Testament insgesamt acht Nichten und Neffen zu gleichen Teilen zu ihren Erben eingesetzt. Einer von ihnen, der Beteiligte zu 1) verwaltete in den letzten Lebensjahren der Erblasserin deren Immobilienvermögen. Zum Testamentsvollstrecker hat die Erblasserin jedoch einen anderen Neffen, den Beteiligten zu 2) berufen.

 

Dieser hat das Amt angenommen.

 

Der Beteiligte zu 1) hat beim Nachlassgericht beantragt, den Beteiligten zu 2) aus dem Amt des Testamentsvollstreckers zu entlassen, weil dieser sich zahlreiche Pflichtverletzungen zu schulde haben kommen lassen.

 

Das Nachlassgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts hatte keinen Erfolg.

 

 

Beteiligte im Entlassungsverfahren

 

Das Oberlandesgericht führt zunächst aus, dass in einem Testamentsvollstrecker-Entlassungsverfahren nicht alle Miterben als Beteiligte hinzugezogen werden müssen. Das Nachlassgericht kann die Miterben gemäß § 345 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 FamG hinzuziehen. Auf Antrag sind die Miterben hinzuzuziehen. Über dieses Antragsrecht sind die Miterben zu belehren.

 

Das Nachlassgericht hat vorliegend die Belehrung unterlassen. Allerdings wurde die Antragsschrift des Beteiligten zu 1) jedem Miterben unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme übersandt, ohne dass sich auch nur ein Miterbe gegenüber dem Nachlassgericht geäußert hat.

 

Das Oberlandesgericht führt hierzu aus, dass sich aufgrund dessen eine förmliche Belehrung über das Antragsrecht erübrige. Bei demjenigen, der sich jeglicher Stellungnahme enthält, spreche alles dafür, dass er erst recht nicht beantragen  wolle als Beteiligter – mit dem Risiko einer etwaigen Kostenbelastung – zum Verfahren hinzugezogen zu werden.

 

Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der Testamentsvollstrecker

 

-          das Amt zu Recht angetreten habe;

-          das Amt nicht beendet sei;

-          ein Entlassungsgrund nach § 2227 BGB nicht vorläge.

 

 

Abwägung zwischen Entlassungs- und Fortführungsinteresse

 

Das Gericht weist daraufhin, dass zunächst zu prüfen ist, ob der unbestimmte Rechtsbegriff des „wichtigen Grundes“ erfüllt sei. Sodann habe das Gericht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes sein sogenanntes Versagungsermessen auszuüben. Will heißen, dass das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht dazu führt, dass der Testamentsvollstrecker zwingend zu entlassen ist.

 

Vielmehr muss das Gericht prüfen, ob nicht gewichtige Gründe für das Verbleiben des Testamentsvollstreckers im Amt sprechen. Hierfür ist eine Abwägung zwischen Entlassungs- und Fortführungsinteresse vorzunehmen.

 

 

Testamentsvollstrecker Vertrauensperson des Erblassers

 

Zu berücksichtigen ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dass es sich bei dem Testamentsvollstrecker um die nach dem Willen des Erblassers amtierende Vertrauensperson handele. Würden mithin die eingetretenen Umstände dazu führen, dass der Erblasser, wenn er noch leben würde, die Ernennung des bestimmten Testamentsvollstreckers widerrufen würde?

 

Allein  auf dieses Vertrauensverhältnis zwischen Erblasser und Testamentsvollstrecker kommt es für die Rechtfertigung einer Entlassung des Testamentsvollstreckers an. Ohne Bedeutung ist hingegen die Frage,  ob ein Vertrauensverhältnis zwischen Erben und Testamentsvollstrecker besteht. Ein solches ist für die Führung des Amtes nicht von Nöten.

 

Praxistipp vom Fachanwalt für Erbrecht Joachim Müller:

 

Die Ausführungen des Oberlandesgerichtes sind überzeugend für die Fälle, in welchen der vom Erblasser berufene Testamentsvollstrecker das Amt annimmt und ausführt.

 

Es fragt sich, was gilt, wenn der berufene Testaments- und gegebenenfalls Ersatztestamentsvollstrecker das Amt nicht annehmen kann oder will und das Nachlassgericht nach § 2200 Abs. 1 BGB ersucht ist, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen? Eine Vertrauensperson des Erblassers ist dieser Testamentsvollstrecker jedenfalls nicht.

 

Letztendlich wird es sodann für die Frage, ob ein „wichtiger Grund“ für eine Entlassung vorliegt oder nicht auf objektive Kriterien ankommen. Das sind vor allem die Anordnungen des Erblassers zur Führung der Testamentsvollstreckung in seiner letztwilligen Verfügung.

 

Je genauer und sorgfältiger diese Anordnungen des Erblassers formuliert sind, desto einfacher wird sich die Frage, ob eine ordnungsgemäße Amtsführung vorliegt oder nicht, beantworten lassen.

 

Mithin ist für den Erblasser und seinen Berater im Falle der Anordnung einer Testamentsvollstreckung gerade auf die Formulierung der Ausführungsanordnungen große Sorgfalt geboten.



Erstellt von: Joachim Müller - Fachanwalt für Erbrecht, Weißenthurm

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