24.7.2006

Verjährung der Ansprüche gegen den Testamentsvollstrecker

Ansprüche des Erben gegen den Testamentsvollstrecker gem. § 2218 BGB auf Auskunft und Rechenschaft unterliegen nicht der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 I Nr. 2 BGB, sondern der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB. Der Erbe hatte den Testamentsvollstrecker auf Auskunft und Rechenschaft gem. § 2218 BGB in Anspruch genommen. Die Dreijahresfrist nach § 195 BGB war abgelaufen, die 30-jährige nach § 197 I Nr. 2 BGB nicht. Das LG Mannheim hatte die kurze Regelverjährung von drei Jahren angewandt. Dem tritt das OLG Karlsruhe – als erstes deutsches Obergericht – bei. Dies ist deswegen besonders bedeutsam, weil der IV. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 18. 9. 2002 (NJW 2002, 3773 = ZEV 2002, 499) obiter anders entschieden hatte und weite Teile der Literatur dem bislang folgen. Entscheidungserheblich ist, ob es sich bei den Klageansprüchen aus §§ 2218, 666 BGB um „erbrechtliche“ Ansprüche i. S. des § 197 I Nr. 2 BGB handelt. Dann würde die Sonderverjährung von 30 Jahren gelten. Der Begriff der „erbrechtlichen“ Ansprüche ist umstritten: Für den Schadensersatzanspruch gegen den Testamentsvollstrecker wegen Pflichtverletzungen gem. § 2219 BGB wird – wohl überwiegend – angenommen, es handle sich um einen „erbrechtlichen“ Anspruch i. S. des § 197 I Nr. 2 BGB (BGH, NJW 2002, 3773). Zur Verjährung von Ansprüchen aus § 2218 I BGB i. V. mit Vorschriften des Auftragsrechts werden beide Auffassungen vertreten (für kurze Regelverjährung: Palandt/Edenhofer, BGB, 65. Aufl., 2006, § 2218 Rdnr. 1; für lange Verjährung: Damrau/Bonefeld, PraxisKomm. ErbR, 2004, § 2218 Rdnr. 35). Diejenigen, die eine lange Verjährung anwenden wollen, verweisen darauf, dass mit der Reformierung des Verjährungsrechts die Rechtsklarheit in den Vordergrund gestellt werden sollte und daher alle Ansprüche aus dem 5. Buch des BGB ohne weitere Differenzierung danach, ob das gesetzgeberische Motiv für die lange Verjährungsfrist im Einzelfall zutreffe oder nicht, gelten müsse (Bonefeld, ZErb 2003, 248; Schlichting, ZEV 2002, 480). Die Gegenmeinung hält eine teleologische Reduktion des § 197 II Nr. 2 BGB auf „genuin erbrechtliche“ Ansprüche für erforderlich, zu denen solche aus §§ 2218, 2219 BGB gegen den Testamentsvollstrecker nicht zählen (Löhnig, ZEV 2004, 272; Otte, ZEV 2002, 510). Diese letztgenannte Ansicht hält das OLG Karlsruhe für zutreffend: Der Zweck, die langjährige Verjährungsfrist von 30 Jahren für erbrechtliche Ansprüche besonders anzuordnen, bestand darin, deren Durchsetzbarkeit zu gewährleisten, auch wenn die Klärung der Erbfolge oder des besonderen Inhalts oder der Gültigkeit einer Verfügung von Todes wegen mit langem Zeitablauf verbunden ist. Die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen des Erben gegen den Testamentsvollstrecker kann von derartigen Schwierigkeiten der Ermittlung von Erbrechtsverhältnissen nicht betroffen sein. Noch weniger entspricht der Zweck der Regelung des § 197 I Nr. 2 BGB Konstellationen, in denen es um strukturell schuldrechtliche Ansprüche geht, wie sie im vorliegenden Fall letztlich in Rede stehen. Praxishinweis: Das OLG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zugelassen. Diese ist eingelegt. Es steht mithin zu erwarten, dass in absehbarer Zeit die Rechtslage für den Testamentsvollstrecker geklärt sein wird, und zu hoffen, dass der BGH für verwandte Konstellationen Hinweise gibt, anhand derer Wissenschaft und Praxis Orientierung über den Anlassfall hinaus finden (so Baldus/Roland, ZEV 2006, 318, 319). (OLG Karlsruhe, Urteil vom 20.10.2005 8 U 155/05 = ZEV 2006, 317)

Erstellt von: Bernhard F. Klinger (verstorben am 13. September 2021) - Fachanwalt für Erbrecht, München

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