2.4.2012

Testamentsvollstrecker darf Hilfspersonal nicht aus Nachlass bezahlen

Leitgedanke der Entscheidung:

Setzt der Testamentsvollstrecker zur Durchführung seiner Tätigkeiten Hilfspersonal ein, darf er dafür anfallende Kosten dem Nachlass nicht entnehmen, wenn er selbst zu dieser Tätigkeit fähig und in der Lage ist.


Der (verkürzte) Fall:

Ein Testamentsvollstrecker wurde von den Erben auf Auskunft und Rechnungslegung über seine Tätigkeiten verklagt. Er schaltete daraufhin eine Steuerberatungs-GmbH ein, die Belege zusammenstellte, um für ihn die Rechenschaft vorzubereiten. Dafür zahlte er aus dem Nachlass ca. Euro 9 000 und wurde anschliessend von den Erben auf Erstattung dieses Betrages in den Nachlass verklagt.

Sowohl das Landgericht als auch das OLG Köln gaben der Klage auf Rückzahlung an die Erbengemeinschaft statt, weil die Einschaltung des Steuerbüros pflichtwidrig erfolgt war. Die dadurch verursachten Kosten waren unnötig und vermeidbar: Die Erstattungspflicht folgt aus § 2219 I BGB (Schadenersatz), da der Testamentsvollstrecker seine Pflichten schuldhaft
verletzte, indem er die Rechnungslegung dem Steuerberatungsbüro übertrug und dadurch Kosten verursachte.

Der Testamentsvollstrecker hatte nur verschiedene Konten und Guthaben sowie beweglichen Nachlass zu verwalten, ein Architekturbüro aufzulösen sowie 5 Wohnungen zu verwalten, die teilweise als Vermächtnisse ausgesetzt waren. Das OLG sieht den Umfang der Tätigkeit des Vollstreckers als "relativ einfach" an, da nur eine Einnahmen- und Ausgabenliste zu erstellen war, um die eigene Verwaltungstätigkeit zu dokumentieren. Auch wenn der Nachlass nicht
gering ist, benötigt man dafür keinen betriebswirtschaftlichen Sachverstand. Da der Testamentsvollstrecker nur auf Rechnungslegung verklagt worden war, war eine Beifügung von Belegen gar nicht geschuldet. Die Einnahmen-/Ausgabenliste hätte er problemlos selbst erstellen können. Dadurch überflüssig verursachte Kosten (Dritter) schuldet er den Erben
als Schadenersatz, § 2219 I BGB.


Praxistipp für Sie:

Jedes Handeln eines Testamentsvollstreckers obliegt ihm selbst und persönlich. Nur wenn er zur Erfüllung einer Aufgabe weder in der Lage noch technisch ausgerüstet ist, darf er Dritte auf Kosten des Nachlasses einschalten. Die Rechtsprechung gewährt nur sehr begrenzt einen Aufwendungsersatz für dieses "Hilfspersonal".

Prüfen Sie deshalb sehr genau, ob ein Testamentsvollstrecker, der den Nachlass abwickelt und später seine Vergütung bzw. Auslagen abrechnet, hier unberechtigte, den Nachlass schmälernde Rechnungsposten "versteckt".


Fundstelle: OLG Köln, Urteil v. 11.1.2012 - 2 U 45/11



Erstellt von: Hans-Oskar Jülicher - Fachanwalt für Erbrecht, Heinsberg

← zurück

Sie brauchen erbrechtlichen Rat?

Testamentsvollstrecker - Fachanwälte für ErbrechtHier finden Sie unsere Testamentsvollstrecker in Ihrer N�he.

Erbrecht-App

Laden Sie hier unsere kostenlose Erbrecht-App
Erbrecht App
Bleiben Sie mit uns in Kontakt.

Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V.
Fachanwälte für Erbrecht