11.6.2012

Testamentsvollstreckung und Ergänzungspflegschaft für ein minderjähriges Kind

In einem Beschwerdeverfahren hatte das OLG Köln über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:In einem notariellen Testament wurde ein minderjähriges Kind als Erbe eingesetzt, dessen Mutter als Testamentsvollstreckerin.

Die Mutter selbst war nicht Erbe.

Kurz vor dem Tod errichtete der Erblasser ein sog. Nottestament, in dem er bestimmte, dass beide Eltern des minderjährigen Erben das erebte Vermögen nicht verwalten sollten und insbesondere die testamentarisch eingesetzte Mutter als Testamentsvollstreckerin dieses Amt nicht ausüben sollte, sondern vielmehr deren Geschwister.

Über die Wirksamkeit des Nottestaments wird zwischen den Betroffenen massiv gestritten.

Eine Entscheidung hinsichtlich der Wirksamkeit dieses Testamentes liegt noch nicht vor.

Das OLG Köln kam zu dem Schluss, dass durch Auslegung der letztwilligen Verfügung zu ermitteln ist - für den Fall, dass das Nottestament unwirksam sei - ob die ursprüngliche Einsetzung der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin Bestand haben könne.

So lange über die Wirksamkeit des Nottestaments und über das Testamentsvollstreckeramt der Kindesmutter nicht abschließend entschieden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass der Erblasser gerade wegen der anderweitigen Anordnung der Testamentsvollstreckung -  nämlich durch die Geschwister der Kindesmutter - die Eltern gerade von der Verwaltung des Nachlasses bis zum Eintritt der Volljährigkeit des betroffenen Kindes ausschließen wollte.

Daher lägen genau die Voraussetzungen des § 1909 Abs. 1 S. 2 BGB vor und somit sei eine Ergänzungspflegschaft für das Kind anzuordnen.

Erst wenn das Erbscheinsverfahren abgeschlossen sei und sich herausstellen sollte, dass die Einsetzung der Kindesmutter als Testamentsvollstreckerin wirksam sei, sei erneut die Ergänzungspflegschaft zu überprüfen und ggf., soweit keine Interessenkonflikte vorliegen sollten, aufzuheben.

Im vorliegenden Fall ergab sich aus dem Nottestament, dass beide Elternteile von der Verwaltung des ererbten Vermögens ausgeschlossen werden sollten.

Insofern war dieser Fall anders zu entscheiden als der der Entscheidung des BGH vom 05.03.2008  zugrunde liegende Fall, in dem lediglich die Kindesmutter von der Verwaltung des Vermögens ausgeschlossen war, der Vater jedoch zum Testamentsvollstrecker ernannt worden war.

Hier hatte der BGH entschieden, dass die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nicht notwendig war, da keine konkrete Konfliktlage oder ein Interessengegensatz festgestellt werden konnte.



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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