13.6.2014

Testamentsvollstreckung, Testamentsvollstreckervergütung, Verwirkung

Verwirkung der Testamentsvollstreckervergütung wegen grobfahrlässiger Pflichtwidrigkeit

Das Oberlandesgericht Hamm hatte folgenden Fall zu entscheiden (Urteil vom 07.11.2013 – 10 U 100/12):

 

Anordnung einer Testamentsvollstreckung

In einem im Jahre 2005 errichteten privatschriftlichen Testament bestimmte der Erblasser seinen einzigen Sohn zum Alleinerben und ordnete ein Vorausvermächtnis zu dessen Gunsten an.

Weiterhin sollte der Lebensgefährtin des Erblassers ein Barvermächtnis zzgl. der darauf endfallenden Erbschaftssteuer zugewandt werden.

Weitere Geldvermächtnisse an weitere Personen waren in diesem Testament vorgesehen.

Die auf die Vermächtnisse entfallenden Erbschaftssteuern sollten jeweils aus dem Nachlass beglichen werden. Weiterhin wurde in dem Testament die Anordnung hinsichtlich der Testamentsvollstreckung getroffen und der Kläger (ein Rechtsanwalt und Notar) wurde als Testamentsvollstrecker vorgesehen mit der Aufgabe, für die Erfüllung der Vermächtnisse zu sorgen.

Einschränkung der Testamentsvollstreckung

Im Jahre 2006 beurkundete dieser Notar eine vom Erblasser erklärte Ergänzung der bisherigen getroffenen letztwilligen Verfügung, aus der sich ergab, dass hinsichtlich des Vermächtnisses, dass der Sohn erhalten sollte, nur eine eingeschränkte Testamentsvollstreckung für die Dauer von einem Jahr nach dem Tod des Erblassers angeordnet wurde.

Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses

Nach dem Tod des Erblassers im Jahre 2008 stellte der Testamentsvollstrecker dann einen Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, in dem allerdings erklärt wurde, dass das Amt erst mit Wirkung der bestandskräftigen Entscheidung des Nachlassgericht über das Testamentsvollstreckerzeugnis das Amt angenommen werde.

Im Jahre 2008 wies das Nachlassgericht den Antrag des Testamentsvollstreckers zurück, da dieser nach Auffassung des Nachlassgerichtes eine uneingeschränkte Testamentsvollstreckereinsetzung ohne Berücksichtigung der Ergänzung des Testamentes aus dem Jahre 2006 beantragt hatte, die so nicht aus den Testamenten ersichtlich war.

Gegen diese Entscheidung legte der Testamentsvollstrecker Beschwerde ein, nahm dann allerdings nach der mündlichen Verhandlung im Jahre 2009 seine Beschwerde zurück und kündigte an, nunmehr einen neuen Antrag auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zu stellen unter Berücksichtigung der Vorgaben des Testamentes.

Tatsächlich erneuerte der Testamentsvollstecker aber dann Ende 2009 wiederum seinen Antrag auf Erteilung eines unbeschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses.

Anfang 2010 erklärte der Testamentsvollstrecker dann endlich, dass er das Testamentsvollstreckeramt unbedingt also unabhängig von der bestandskräftigen Entscheidung des Nachlassgerichtes annehmen werde.

Gleichzeitig beantragte er allerdings wiederum ein unbeschränktes Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen.

Auch dieses Verfahren ging wiederum durch die Instanzen.

Erst in der Beschwerdeinstanz auf Anraten des OLG Hamm beantragte er dann letztlich ein Testamentsvollstreckerzeugnis mit einschränkender Formulierung, die die Einschränkung der Ergänzung des Testamentes berücksichtigte.

Noch bevor das Amtsgericht über die Erteilung des nunmehr neu beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses 2010 entscheiden konnte, beschloss das OLG Hamm die Entlassung des Testamentsvollstreckers aus dem Amt des Testamentsvollstreckers.

Bis zur Entlassung aus dem Amt hatte der Testamentsvollstrecker keines der im Testament von 2006 angeordneten Vermächtnisse erfüllt.

Im März 2011 machte er dann gleichwohl gerichtlich die Zahlung einer Testamentsvollstreckervergütung geltend.

Diese Klage wurde über zwei Instanzen abgewiesen.

Verwirkung der Testamentsvollstreckervergütung

Hierzu führte das zweitinstanzliche Gericht aus, dass der Kläger seinen etwaigen Vergütungsanspruch durch gröblich und von ihm zu vertretende zumindest grobfahrlässig begangene Pflichtwidrigkeiten bei der Annahme und Fügung des Testamentsvollstreckeramtes verwirkt habe.

Vorgeworfen wurde dem Testamentsvollstrecker insbesondere, dass er lediglich eine bedingte Annahme des Testamentsvollstreckeramtes erklärt hatte und über zwei Jahre lang über mehrere Instanzen zunächst trotz besserer Kenntnis versucht hatte, den Umfang des Testamentsvollstreckeramtes in seinem Sinne durchzusetzen.

Vorgeworfen wurde ihm, dass es unstreitig war, dass es dem Erblasser allein und ganz wesentlich darauf ankam, eine schnelle und sichere Erfüllung der Vermächtnisanordnung zu erreichen.

Indem der Kläger über mehr als zwei Jahre unterließ, endlich einen unbedingten Testamentsvollstreckerantrag zu stellen und damit das Testamentsvollstreckeramt anzutreten, wurde der Wille des Erblassers torpediert.

Überdies hätte der Testamentsvollstreckung an seiner, von mehreren Gerichten beanstandeten Rechtsauffassung hinsichtlich des Umfangs des Testamentsvollsterckeramtes festgehalten, ohne zumindest einen Hilfsantrag zu stellen, der positiv beschieden hätte werden können.

Diese Verhaltensweise ist nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts als grob fahrlässig einzuschätzen, da es zu den Kernpflichten des Testamentsvollstreckers gehört, sich ein für seine Amtsführung erforderliches Testamentsvollstreckerzeugnis zu verschaffen.

Aufgrund dieser Tatsache und weil der Testamentsvollstrecker bis zu seiner Amtsentlassung im Dezember 2010 keinerlei zur Vermächtniserfüllung förderliche Tätigkeit im Sinne einer Amtsführung entfaltet hatte, wurde ihm eine Testamentsvollstreckervergütung verweigert.

Fachanwalt für Erbrecht Stephan Konrad aus Bielefeld empfiehlt daher den Personen, die als Testamentsvollstrecker in einem Testament eingesetzt werden und die dieses Amt auch ausüben wollen, schon vor oder gleichzeitig mit der Beantragung des Testamentsvollstreckerzeugnisses das Amt anzunehmen und möglicherweise unterschiedliche Vorstellungen über den Umfang des Testamentsvollstreckeramtes und deren Klärung nicht für die Annahme des Amtes zur Bedingung zu machen, sondern danach zu klären. Gegebenenfalls kann so zumindest schon eingeschränkte Tätigkeit erfolgen. Wenn dies nicht gewollt ist, sollte das Amt abgelehnt werden.

Anderenfalls kann letztendlich nicht nur ein Vergütungsanspruch verloren gehen, sondern gegebenenfalls sogar ein Schadenersatzanspruch entstehen.

Den Erben rät Rechtsanwalt Konrad, bei einem derart zögerlichen und starrsinnigen Verhalten eines Testamentsvollstreckers in Bezug auf die Annahme des Amtes möglichst unmittelbar einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers durch einen Fachanwalt stellen zu lassen, um weitergehende Verzögerungen zu vermeiden.



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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