15.8.2006

Teilauseinandersetzung durch den Testamentsvollstrecker ?

Teilauseinandersetzung durch den Testamentsvollstrecker ? Hat ein Testamentsvollstrecker die Aufgabe, den Nachlass auseinanderzusetzen, verlangen einzelne Miterben nicht selten die baldige Freigabe einzelner Nachlassgegenstände, auch wenn dies dem Erblasserwillen widerspricht. Streitig ist, ob der Testamentsvollstrecker eine solche Zuteilung schon vor dem endgültigen Teilungsplan vornehmen darf. I. Vorrang des Erblasserwillens Sofern der Erblasser bestimmte Anordnungen für die Auseinandersetzung des Nachlasses in seiner letztwilli-gen Verfügung getroffen hat (§ 2048 S. 1 BGB), gehen diese den gesetzlichen Teilungsregeln der §§ 2042, 749 ff. BGB vor. Dabei kann auch ein Verbot, den Nachlass auseinander zu setzen, angeordnet werden (§ 2044 BGB). An diese Vorgaben ist der Testamentsvollstrecker gebunden. II. Die gesetzlichen Teilungsregeln Fehlen Vorgaben des Erblassers, hat der Testamentsvoll-strecker die Miterbengemeinschaft nach §§ 2204 Abs. 1, 2042 ff., 749 ff. BGB auseinander zu setzen. Sofern sich aus §§ 2043 – 2045 BGB nichts anderes ergibt, kann jeder Miterbe jederzeit die Nachlassauseinandersetzung verlangen. Vorrangig sind jedoch Nachlassverbindlichkeiten gem. 2046 BGB wegzufertigen und Vorempfänge gem. §§ 2050 ff. BGB auszugleichen. Eine Abweichung von diesen gesetzlichen Vorgaben sieht das Gesetz bei der Nachlassteilung nicht vor. III. Zulässige Teilauseinandersetzung? Ob eine Teilauseinandersetzung zulässig ist, auf die sich der Testamentsvollstrecker bei Verlangen der Miterben stützen kann, ist streitig. Bevor er Nachlassbestandteile freigibt, wird der Testamentsvollstrecker zunächst diejenigen Gegenstände in seiner Verwaltungshoheit zurück-halten, die er zur Erfüllung eigener Aufgaben benötigt: 1. Veräußerung zur Schuldentilgung Ist streitig, welche Nachlassgegenstände zur Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten veräußert werden sollen, kommt es auf die Art der Gegenstände an: leicht ver-derbliche oder zuhauf vorhandene Gegenstände sind vorrangig – auch gegen den Willen der Erben - zu versilbern, sekundär die nicht erhaltenswerten Gegenstände der Erbmasse. 2. gesetzlicher Anspruch auf Teilauseinandersetzung? Die gesetzlichen Regeln bezwecken die vollständige Auseinandersetzung des Nachlasses; § 2042 Abs. 1 BGB gibt deshalb keinem Miterben einen Anspruch auf vorzeitige Teilauseinandersetzung ( Palandt § 2042, Rdn. 17). Nur unter engen Voraussetzungen kann der Testamentsvollstrecker zu einer Teilauseinandersetzung verpflichtet sein. Dies ist gegeben, wenn ein Fall des § 2217 BGB vorliegt, der Testamentsvollstrecker den Gegenstand also zur Erfüllung seiner Aufgaben „offenbar“ nicht benötigt. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff bietet erhebliches Streit- und Risikopotenzial für den Miter-ben, da dieser kaum abschätzen kann, welche Nachlass-verbindlichkeiten der Testamentsvollstrecker noch zu erfüllen hat. Bleibt z.B. streitig, ob der Nachlassgegens-tand zur Begleichung der Erbschaftsteuerschuld noch im Nachlass bleiben muss, kann die Freigabe desselben nicht verlangt werden, wenn keine Sicherheit seitens der Erben gestellt wird (Palandt § 2217, Rdn. 3, 4). Sofern besondere Gründe eine Teilauseinandersetzung rechtfertigen und dadurch die Belange der Erbenge-meinschaft und der übrigen Miterben nicht beeinträch-tigt werden, kann ebenfalls eine gegenständlich be-schränkte Auseinandersetzung seitens des Testaments-vollstrecker nach § 2042 BGB durchgeführt werden ( OLG Köln NJW-RR 1996, 1352; MünchKomm. § 2042, Rdn. 19 m.w.N.). Dies wird aber nur bei größeren Nach-lässen der Fall sein, wenn es den Erben unzumutbar ist, auf die Zuteilung jahrelang warten zu müssen (Staudin-ger/Werner § 2042, Rdn. 30). 3. Vereinbarung und Teilauseinandersetzung Ein etwa angeordnetes Teilungsverbot oder eine Tei-lungsanordnung des Erblassers wirken wie eine Auflage, § 2194 BGB, sodass sich die Miterben bei Einigkeit dar-über einvernehmlich hinweg setzen können (BGH NJW 1984, 2464; Palandt § 2048, Rdn. 4). Bei Ein-stimmigkeit kann somit der Testamentsvollstrecker zur Außerachtlassung eines Teilungsverbotes gezwungen und einer Teilauseinandersetzung zugeführt werden, wenn die o. g. weiteren Voraussetzungen vorliegen. IV.

Fazit Der sorgfältige Testamentsvollstrecker wird einem Teil-auseinandersetzungsverlangen eines Miterben bzgl. bestimmter Nachlassgegenstände offensiv entgegentreten. Für ihn streiten die gesetzlichen Teilungsregeln und § 2217 BGB. Für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker irrtümlich Erbschaftsgegenstände freigibt, kann er zwar gem. § 812 BGB wieder die Herstellung seiner Verfügungsgewalt verlangen, setzt sich allerdings einem möglichen Entlassungsantrag gem. § 2227 BGB wegen Pflichtverletzung sowie ggf. der Haftung gem. § 2219 Abs. 1 BGB aus.

Erstellt von Wolfgang Roth, FAErbR, Obrigheim

 

 



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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