26.8.2009

Auseinandersetzungsvorschläge müssen bearbeitet werden

Auch wenn der Testamentsvollstrecker sein Amt nur für einen der Miterben ausübt, darf ein nicht der Testamentsvollstreckung unterliegender Miterbe dessen Entlassung des aus wichtigem Grund beantragen. Dies entschied das OLG Hamm zu folgendem Fall:

Die Verstorbene errichtete mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein Testament, wonach deren beiden Söhne Schlusserben zu 2/5 und 3/5 wurden. Der auf die Quote von 2/5 gesetzte Sohn sollte nur nicht befreiter Vorerbe, belastet mit einer Testaments-vollstreckung, sein. Nach dem Tod des Ehemannes verfügte die Erblasserin in einem weiteren Testament, dass eine andere Person als Testamentsvollstrecker über den Erbteil bestimmt werden sollte. Dieser nahm das Amt an.

Der andere, nicht der Testamentsvollstreckung unterliegende Miterbe beantragte, den Testamentsvollstrecker zu entlassen und einen neuen einzusetzen. Das Nachlassgericht und das Beschwerdegericht wiesen den Antrag zurück, weil dieser Miterbe nicht antragsberechtigt sei. Auch das Recht, die Entlassung gem. § 2227 I BGB zu fordern fehle, weil der Erbteil des Antragstellers nicht mit der Testamentsvollstreckung belastet sei. Das OLG Hamm gab der weiteren Beschwerde statt und verwies das Verfahren an das AG zurück.

Der Senat weist darauf hin, dass die Beschwerdebefugnis schon deshalb vorliegt, weil der Antrag nach § 2227 BGB allein aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückgewiesen wurde. Damit ist eine formelle Beschwer des Antragstellers gegeben.

Wie der BGH (BGH ZEV 1997, 116) gewährt auch das OLG dem nicht der Testamentsvollstreckung unterstehenden Miterben das Antragsrecht gem. § 2227 I BGB. Selbst einem Pflichtteilsberechtigten steht wegen der ihm unentziehbaren Mindestbeteiligung am Nachlass insoweit ein Antragsrecht zu (BayObLG FamRZ 1997, 905). Umso mehr muss das Antragsrecht dem vollstreckungsfreien Miterben zustehen, der sogar eine dingliche Mitberechtigung am Nachlass und damit eine noch stärkere Rechtsstellung inne hat. So weit, dass nur persönliche Interessen bei der Auswahl des Testamentsvollstreckers beachtlich sind, reicht das Recht allerdings nicht; nur wenn die "rechtlichen" Interessen durch die Art und Weise der Ausübung der Testamentsvollstreckung beeinträchtigt werden, kann der Entlassungsantrag gerechtfertigt sein.

Praxishinweis: Das OLG gibt in der Entscheidung sogar einen Maßstab vor, wonach der Entlassungsantrag in diesen Fällen zu prüfen ist:

Der „wichtige Grund“ zur Entlassung nach § 2227 I BGB muss in einem pflichtwidrigen Verhalten des Testamentsvollstreckers liegen, das zu einer „nachhaltigen“ Gefährdung der Rechte des vollstreckungsfreien Miterben bei der Verwaltung und Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft führt. Dazu gehört auch, dass der Testamentsvollstrecker „in angemessener Zeit sachlich“ konkrete Auseinandersetzungsvorschläge beantwortet.

Damit legt das OLG untätigen Testamentsvollstreckern Zügel an. Möglich ist wohl auch, den untätigen Testamentsvollstrecker haftungsrechtlich zu belangen.

OLG Hamm, Beschluss vom 11.8.2009 – 15 Wx 115/09 = BeckRS 2009, 23551

Erstellt von Wolfgang Roth, FAErbR, Obrigheim



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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