19.4.2010

Testamentsvorlage durch den Testamentsvollstrecker beim Grundbuchamt kann für Auflassung ausreichen

Sofern der Testamentsvollstrecker als Veräußerer die Auflassung für Nachlassimmobilien erklärt, prüft das Grundbuchamt dessen Verfügungsbefugnis. Eine unentgeltliche Verfügung liegt nicht vor, wenn diese in Erfüllung einer letztwilligen Verfügung des Erblassers durch den Testamentsvollstrecker vorgenommen wird.

 

Der Fall:

 

Der Erblasser hinterließ seine Ehefrau und vier gemeinsame Kinder. In seinem Nachlass befand sich Grundbesitz, über den er letztwillig verfügte und Testamentsvollstreckung angeordnet hatte. Die Beteiligten nahmen im Oktober 2009 zu notarieller Urkunde eine Erbauseinandersetzung vor, die auch die Übertragung von Grundeigentum des Erblassers beinhaltete. Zum Vollzug forderte das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins mit dem Hinweis an, dieser sei erforderlich, weil es zum Nachweis der Entgeltlichkeit der Verfügungen auf die Erbfolge ankomme. Da die Möglichkeit dieses Nachweises durch Urkunde (Erbschein) gegeben sei, sei die Erbscheinsvorlage notwendig und nicht entbehrlich.

Der Testamentsvollstrecker trug in der Beschwerde gegen diese Zwischenverfügung vor, dass ein Erbschein deswegen nicht erforderlich sei, weil er in Erfüllung der letztwilligen Verfügung des Erblassers tätig wurde. Der Nachweis, dass es sich um die Erfüllung der letztwilligen Verfügung handelt, schließe die Unentgeltlichkeit seiner Verfügung aus. Die Vorlage des privatschriftlichen Testaments des Erblassers schließe daher den Nachweis in Form des § 29 GBO aus. Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem OLG vor.

 

Die Entscheidung:

Das OLG reicht die Akten zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens dem Grundbuchamt zurück, da dessen Verfahrensweise nicht einmal den Mindestanforderungen genügt, die an ein Abhilfeverlangen zu stellen sind. § 75 GBO verpflichtet in den dort genannten Fällen das Grundbuchamt, über die Abhilfe zu entscheiden. Auch die Nichtabhilfe ist eine Sachentscheidung und regelmäßig in Form eines Beschlusses, der den Beteiligten bekannt zu geben ist, zu treffen. Dies verdeutlichen auch die neu eingeführten Vorschriften der §§ 68 I S. 1, 38 III S. 1, 41 FamFG.

Zwar wird nicht gefordert, dass auf alle Ausführungen des Beschwerdevorbringens einzugehen ist, jedoch muss der Nichtabhilfebeschluss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss erkennen lassen, dass der Erstrichter bzw. Rechtspfleger das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet und seiner Pflicht zur Prüfung und Selbstkontrolle nachgekommen ist (s. OLG München, BeckRS 2010, 03282).

 

Die Beteiligten stützen das Rechtsmittel darauf, dass die in der notariellen Urkunde getroffenen Verfügungen des Testamentsvollstreckers in Erfüllung der letztwilligen Verfügung des Erblassers vorgenommen werden. Sofern dies nachweisbar ist, schließt das die Unentgeltlichkeit der Verfügung aus, § 2205 S. 3 BGB. Hierzu muss die Form des § 29 GBO für den Nachweis nicht gewahrt werden, vielmehr genügt, dass im Wege freier Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt Zweifel an der Pflichtmäßigkeit der Verfügungen des Testamentsvollstreckers ausgeräumt werden können (so auch BayObLG NJW-RR 1989, 587).

 

Das Grundbuchamt ließ in seiner Ausgangsentscheidung die Möglichkeit, nämlich das Handeln des Testamentsvollstreckers zur Erfüllung der letztwilligen Verfügung, unberücksichtigt. Zur Prüfung muss es nun Einsicht in die Nachlassakten nehmen.

 

Praxishinweis: Der OLG-Beschluss erleichtert die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers im Rahmen einer Erbauseinandersetzung. Nicht selten versteifen sich Grundbuchämter auf den Formzwang des § 29 GBO und verlangen einen Erbschein zum Vollzug der Auseinandersetzung.

 

Um diese – auch Kosten auslösende (!)  - Maßnahme von vorne herein auszuschalten, empfiehlt es sich bereits bei der Gestaltung von Testamenten, einem Testamentsvollstrecker die Erfüllung von Grundstückszuteilungen an erbrechtlich Beteiligte konkret aufzugeben.

Erstellt von FAERbR Wolfgang RothErstellt von FAERbR Wolfgang Roth

G München, Beschluss vom 18.2.2007 – 34 Wx 9/10 = BeckRS 2010, 07247



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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