14.5.2010

Eintweilige Verfügung gegen Testamentsvollstrecker nur sehr eingeschränkt möglich

Das Prozessgericht kann nicht die vollständige Untersagung der Amtsausübung des Testamentsvollstreckers mittels einstweiliger Verfügung aussprechen.

In den Jahren 2007 und 2009 verstarben die Eltern, die mehrere Kinder hinterließen. Nach deren gemeinschaftlichem Testament wurde die Tochter Testamentsvollstreckerin. Die miterbende Antragstellerin warf ihr massive gegenwärtige und drohende Pflichtverstöße bei der Amtsausführung vor. Sie selbst sowie eine weitere Miterbin begehrten vor dem Landgericht Aus-kunftserteilung und Rechnungslegung von der Testamentsvollstreckerin.

Parallel leiteten Sie ein Amtsenthebungsverfahren nach § 2227 BGB vor dem Nachlassgericht ein. Dort wurde auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung, wonach der Testamentsvollstreckerin sämtliche nicht notwendigen Amtshandlungen untersagt werden sollten, beantragt.
Das Nachlassgericht lehnte die Anordnung ab, weil dem Nachlassgericht nicht ein nur vorläufiges Eingreifen in die Amtsführung der Testamentsvollstreckerin gestattet sei.

Die Miterbin beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung im Zivilrechtsweg gem. §§ 935 ff. ZPO und beantragte, dass der Antragsgegnerin alle Rechtshandlungen in ihrer Stellung als Testamentsvollstreckerin untersagt sein sollten, solange das Amtsenthebungsverfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen sei.
Das LG wies den Antrag mangels Anspruchsgrundlage für ein vorläufiges Verbot jeglicher Testamentsvollstreckertätigkeit zurück. Bereits unter Geltung des FGG war anerkannt, dass eine zeitweilige Entlassung des Testamentsvollstreckers unzulässig ist. Das Prozessgericht sei im Übrigen bei Maßnahmen, die den Anwendungsbereich des § 2227 BGB eröffnen, nicht zur Entscheidung berufen.

In der sofortigen Beschwerde wurde gerügt, dass nicht eine zeitweilige Entlassung der Testamentsvollstreckerin beantragt sei, sondern nur die Untersagung deren Amtsausübung im Wege einstweiligen Rechtsschutzes. Bei drohendem Amtsmissbrauch sei auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Prozessgericht gem. § 935 ff. ZPO einstweiligen Rechtsschutz zusprechen könne.


Das OLG Schleswig versagt der sofortigen Beschwerde den Erfolg. Das Prozessgericht darf kein Verbot der Amtsausübung eines Testamentsvollstreckers aussprechen. Dem steht auch das Urteil des OLG Köln (NJW-RR 1987, 71 f.) nicht entgegen. Dort wurde ausgeurteilt, dass gegen einen drohenden Amtsmissbrauch des Testamentsvollstreckers auch mittels einstweiliger Verfügung vorgegangen werden kann. Das OLG Schleswig rückt diesen Ausspruch des OLG Köln in den Zusammenhang des Rechtsanspruchs eines Erben auf ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln gegen den Vollstrecker. Isoliert kann dieser Satz des OLG - Urteil aus Köln also nicht betrachtet werden.

Miterben können nurKlagen gegen den Testamentsvollstrecker auf Vornahme ordnungsgemäßer Verwaltungsmaßnahmen erheben. Die einstweilige Verfügung gem. §§ 935 ff. ZPO ist nur auf die Unterlassung oder Vornahme einzelner Verwaltungsmaßnahmen zulässig, nicht dagegen die Unter-sagung der gesamten Testamentsvollstreckerhandlung.
 
Im Übrigen ist die Abgrenzung zwischen dem Prozess- und Nachlassgericht hinsichtlich der Kontrolle des Testamentsvollstreckers vorgegeben in §§ 2197 ff. BGB. Das Prozessgericht ist nur darüber berufen zu entscheiden, ob das Amt des Testamentsvollstreckers beendet ist. Werden einzelne Handlungen des Testamentsvollstreckers zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, sind diese an das Nachlassgericht mit einem Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zu richten. Andernfalls würde das Prozessgericht in einer gesetzlich nicht vorgesehenen Art und Weise die Testamentsvollstreckertätigkeit überwachen.


Praxishinweis:

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Ist ein Miterbe mit einer Handlung des Testamentsvollstreckers nicht einverstanden, hat er folgende Möglichkeiten:

>> Entweder wird vor dem Prozessgericht die einzelne Verwaltungsmaßnahme zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, wozu auch der einstweilige Rechtsschutz gem. § 935 ff. ZPO möglich ist.

>> Alternativ kann ein Entlassungsverfahren vor dem Nachlassgericht eingeleitet werden. Hierzu sind jedoch hohe Hürden zu überspringen.

>> Darüber hinaus steht den Erben auch der Schadensersatzprozess gegen den Testamentsvollstrecker persönlich zu. Keinesfalls kann die Untersagung der gesamten Testamentsvollstreckertätigkeit gefordert werden.

Beschluss des OLG Schleswig vom 9.3.2010 – 3 W 29/10

 

Erstellt von FAERbR Wolfgang Roth



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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