9.12.2010

Die Vollstreckung in Nachlasserträge bei Dauertestamentsvollstreckung

Rechtsanwalt Wolfgang Roth, Obrigheim

 

Pfändet der Gläubiger des Erben Erträge des Nachlasses, der unter Dauertestamentsvollstreckung steht, muss der Testamentsvollstrecker prüfen, ob und auf welche prozessuale Weise er sich gegen den Pfändungszugriff wehren kann.

I. Motivation des Erblassers

Oftmals möchte ein Erblasser, dass der Erbe auf den Nachlass zwar nicht zugreift, aus dessen Erträgen aber dauerhaft versorgt wird. Dazu wird in der Regel eine Dauertestamentsvollstreckung angeordnet und der Testamentsvollstrecker angewiesen, die Erträge dem Erben zufließen zu lassen. Vor allem bei überschuldeten Erben  droht die ihnen anfallende Erbschaft dem Zugriff der Gläubiger ausgesetzt zu sein, auch wenn § 2214 BGB zunächst einen gewissen Vollstreckungsschutz bietet. Um dies zu verhindern, wird der überschuldete Erbe in der Regel zum nicht - befreiten Vorerben eingesetzt, ein Dritter zum Nacherben und eine Dauertestamentsvollstreckung über den Nachlass angeordnet (zur testamentarischen Konstruktion s. Roth, Vor- und Nacherbschaft, Verlag C. H. Beck 2010, S. 31, 43). Im Rahmen einer Verwaltungsanordnung erhält der Testamentsvollstrecker die Aufgabe, dem zu versorgenden Erben die Nachlasserträge zukommen zu lassen. Diese können jedoch gesondert dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers des Erben unterliegen.

 

II. Unzulässigkeit der Pfändung?

 

Die Pfändung in Nachlasserträge, die der Schuldner aufgrund der Fürsorge und Freigiebigkeit eines Dritten erhält, kann gem. § 850b I Nr. 3 ZPO unzulässig sein. Dies ist der Fall, wenn der Zufluss der Nachlasserträge aufgrund der Fürsorge und Freigiebigkeit des Erblassers erfolgt. Der Pfändungsschutz nach § 850b I ZPO soll die Existenzgrundlage des Schuldners sichern. Die Erträge des Nachlasses, die der Vorerbe aufgrund des Testaments erhält, fallen unter diese Pfändungsschutzvorschrift (Zöller/Stöber, ZPO, § 850b Rdnr. 7).

Erhält der Schuldner als Vorerbe die Erträge des Nachlasses zur Verbesserung seiner Lebenshaltung durch die Vorgaben im Testament nach dem Willen des Erblassers, hat der Vorerbe einen eigenen, einklagbaren Anspruch auf die Erträge gegen den Testamentsvollstrecker. Zu beachten ist, dass die Pfändungsschutznorm nur eingreift, wenn der Schuldner kein eigenes Recht auf Fruchtziehung hat, sondern im Testament vom Erblasser auf die Auszahlungsansprüche beschränkt worden ist (OLG Frankfurt, ZEV 2001, 156).

 

III. Die Vollstreckungserinnerung

 

Verstößt die Pfändung der Nachlasserträge gegen § 850b I 3 ZPO, stellt dies einen Verfahrensfehler des Vollstreckungsgerichts dar. Dieser ist mit der Erinnerung nach § 766 ZPO anzufechten, sofern das Gericht nicht ausnahmsweise beide Parteien (Gläubiger und Testamentsvollstrecker bzw. Erbe) angehört hat. Ist die Anhörung erfolgt, ist statt der Erinnerung eine Beschwerde gem. § 793 ZPO einzulegen. Zuständig für die Vollstreckungserinnerung ist gem. §§ 766 I, 764 II ZPO das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk die Vollstreckungshandlung stattfand; hat ein Gerichtsvollzieher den Pfändungszugriff durchgeführt, ist dies der Ort, wo sich die gepfändete Sache befindet. Mangels aufschiebender Wirkung der Vollstreckungserinnerung kann der Gläubiger allerdings die Vollstreckung fortsetzen. Um dies zu verhindern, muss der Testamentsvollstrecker im Wege der einstweiligen Anordnung die einstweilige Einstellung der Vollstreckungsmaßnahme beantragen, §§ 766 I 2, 732 II ZPO (Formulierungsbsp. s. ProzFB Erbrecht, Klinger/Gutbell, U.VII.12).

 

IV. Fazit

 

Zu den Aufgaben eines Testamentsvollstreckers gehört nicht nur, den Nachlass auseinander zu setzen oder zu verwalten. Wenn nötig, muss er gerichtliche Maßnahmen ergreifen, um Ansprüche gegen der Testamentsvollstreckung unterliegende Nachlassbestandteile oder –Erträge abzuwehren. Dazu muss er das Dickicht der Pfändungsschutzvorschriften in der ZPO kennen.

 

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Erstellt von FAErbR Wolfgang Roth, Obrigheim



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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