7.2.2013

Selbstbedienung des Testamentsvollstreckers rechtfertigt Entlassung

Leitgedanke der Entscheidung:

Entnimmt ein Testamentsvollstrecker eigene angebliche Forderungen aus dem Nachlass, ohne diese den Erben gegenüber nachvollziehbar oder prüffähig darzulegen, stellt dies einen wichtigen Grund für seine Entlassung dar.  


Der Fall des OLG Düsseldorf:

Die Erblasserin bestimmte in ihrem Testament einen Alleinerben, setzte Vermächtnisse aus und ordnete Testamentsvollstreckung an. Als Aufgabe sollte der Testamentsvollstrecker das Grundvermögen der Erblasserin veräußern, wenn der Erbe dies wünschte und ein wirtschaftlicher Erfolg auf Basis eines Sachverständigengutachtens gewährleistet sei: Andernfalls sollte er den Grundbesitz für den Erben nur verwalten. Der Testamentsvollstrecker entnahm dem Nachlass eine von ihm angeblich erstellte und vormals noch der Erblasserin zugesandte Honorarrechnung über ca. 145000 Euro, die im Todeszeitpunkt angeblich mit noch ca. 95000 Euro zur Zahlung offenstand.

Außerdem gab er an, die Erblasserin habe ihm Grundpfandrechte von ca. 750000 Euro am Nachlassgrundbesitz zugewandt; er habe bisher von der Kündigung des Grundschuldkapitals nur abgesehen, weil er Testamentsvollstrecker geworden sei.

Der Alleinerbe beantragte die Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen grober Pflichtverletzung. Dass Nachlassgericht gab dem Antrag statt. Der Senat bestätigt die
Entlassungsentscheidung des Nachlassgerichts.

Die Entlassung ist nach § 2227 BGB zulässig, wenn  ein wichtiger Grund gegeben ist. Eigennütziges Verhalten, also die Bevorzugung der eigenen Interessen des Testamentsvollstreckers vor denjenigen des Erben, können ein solch wichtiger Grund sein. Der Senat sieht diese Voraussetzung deshalb als gegeben an, weil der Testamentsvollstrecker nicht nachweist, dass der Erblasserin bei der Berufung seiner Person zum Testamentsvollstrecker die Honorarrechnung bekannt gewesen sein soll. Außerdem verschweigt er, wie die angebliche Teilzahlung dieser Rechnung erfolgt sein soll.

Es widerspreche dem mutmaßlichen Willen der Erblasserin, bei Kenntnis seines Verhaltens ihn in seinem Amt zu behalten. Wären ihm die Grundpfandrechte tatsächlich von der Erblasserin zugewandt worden, wäre der Nachlass überwiegend erschöpft, weshalb es der Einsetzung des Alleinerben gar nicht bedurft hätte. Auch wirtschaftliche Umstände  widersprechen der Anordnung im Testament gegen die angebliche Zuwendung der Grundpfandrechte. Unterstellt, dies sei tatsächlich geschehen, wäre das mit der im Testament angeordneten "wirtschaftlichen und ordnungsgemäßen Verwaltung" des Grundbesitzes zugunsten des Alleinerben unvereinbar. Der Testamentsvollstrecker hat somit ein solch eigennütziges Verhalten gezeigt, dass das Entlassungsermessen des Nachlassgerichts so eingegrenzt war, dass er entlassen werden musste.

 

Praxishinweis für Sie:
Entlassungsanträge gegen einen Testamentsvollstrecker scheitern in der Regel deshalb, weil zwar „wichtige Gründe“ für die Entlassung und fehlerhafte Handlungen des Testamentsvollstreckers dem Gericht ausführlich vorgetragen und unter Beweis gestellt werden. Jedoch steht dem Gericht – unterstellt die wichtigen Gründe liegen vor – zusätzlich ein Entlassungsermessen gem. § 2227 BGB zu. Es stellt einen schweren prozessrechtlichen Fehler dar, wenn dazu dem Gericht keine Angaben unterbreitet werden. 

Fundstelle: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.12.2012 - I-3 Wx 260/11



Erstellt von: Wolfgang Roth - Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim

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