30.09.2014
Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers - Beteiligtenstellung - Beschwerdebefugnis

§§ 345 Abs. 3, 59 Abs. 1 FamFG

Der Vermächtnisnehmer ist gegen die Ablehnung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht gemäß § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt, wenn es zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers zählt, dieses Vermächtnis zu erfüllen.

BGH-Beschluss vom 24.04.2013 - IV ZB 42/12 -

In diesem Beschluss hat sich der Bundesgerichtshof zum einen zur Frage einer Beteiligtenstellung eines Vermächtnisnehmers im Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers, § 345 Abs. 3 FamFG, und zum anderen zur Frage der Beschwerdebefugnis eines Vermächtnisnehmers i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG, geäußert. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Erblasser hat in seinem notariellen Testament vier Erben eingesetzt. Darüber hinaus hat er zu Gunsten der Beteiligten zu 5) bis 8) Vermächtnisse in Höhe von jeweils 25.000,-- € ausgesetzt. Des Weiteren hat er Testamentsvollstreckung angeordnet und verfügt:

„Ich ordne zur Auseinandersetzung zwischen den Erben und zur Erfüllung der vorgenannten Vermächtnisse Testamentsvollstreckung an.

Der Testamentsvollstrecker soll von dem beurkundenden Notar benannt werden, wobei dieser aber keine Person benennen darf, mit der er sich zur gemeinsamen Berufsausübung zusammengeschlossen hat.

Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, meinen gesamten Nachlass zu veräußern und unter Berücksichtigung der Vermächtnisse an die Erben zu verteilen und auch die entsprechenden Steuern abzuführen ...

zur Veräußerung meines Grundbesitzes ist er berechtigt, einen Makler zu beauftragen. Er soll den bestmöglichen Erlös erzielen ..."

Der Nachlass des Erblassers bestand im Wesentlichen aus Grundbesitz. Ausreichendes Barvermögen zur Erfüllung der Vermächtnisse war nicht vorhanden. Nach Eintritt des Erbfalles benannte der Notar zunächst zwei Testamentsvollstrecker. Einer der Testamentsvollstrecker wurde vom Nachlassgericht entlassen, der andere erklärte die Kündigung des Amtes. Der Notar teilte dem Nachlassgericht sodann mit, dass er keine weiteren Testamentsvollstrecker mehr bestimmen werde. Darauf ernannte das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker. Gegen die Ernennung des Testamentsvollstreckers wandte sich einer der Erben, die Beteiligte zu 1), mit ihrer Beschwerde. Der Beschwerde half das Nachlassgericht ab und hob den Beschluss bezüglich der Ernennung des Testamentsvollstreckers auf.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen

Hiergegen hat die Beteiligte zu 5), eine der Vermächtnisnehmer, Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerde wurde vom zuständigen Oberlandesgericht Hamm als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, die Beteiligte zu 5) sei gemäss § 59 Abs. 1 FamFG nicht beschwerdebefugt. Es fehle an dem erforderlichen unmittelbaren Eingriff in ein subjektives Recht. Der Beteiligten zu 5) stehe als Vermächtnisnehmerin lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch gegen die mit dem Vermächtnis beschwerten Erben zu. Dieser werde ihr nicht dadurch genommen, dass das Amtsgericht die Ernennung eines Testamentsvollstreckers abgelehnt habe. Die Erwartung der Beteiligten zu 5), dass ihr die Durchsetzung ihres Vermächtnisanspruchs erleichtert werde, wenn die Abwicklung des Nachlasses einschließlich der Veräußerung des Grundbesitzes in der Hand eines Testamentsvollstreckers liege, begründe lediglich ein nicht ausreichendes rechtliches bzw. wirtschaftliches Interesse. Ebenfalls unerheblich sei, dass der Beteiligtenbegriff des § 2200 Abs. 2 BGB bisher weit ausgelegt und als Beteiligter jeder angesehen worden sei, der ein rechtliches Interesse an der Testamentsvollstreckung habe. Zum einen genüge allein die formelle Beteiligung nicht für die Begründung einer Beschwerdeberechtigung; zum anderen habe der Gesetzgeber nunmehr in § 345 Abs. 3 FamFG den Kreis der Personen, die in einem Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers beteiligt seien oder beteiligt werden könnten, ausdrücklich festgelegt. Eine Beteiligung von Vermächtnisnehmern sei nicht (mehr) vorgesehen. Angesichts dieser gesetzlichen Regelung bestehe keine Veranlassung, die Anforderung des § 59 Abs. 1 FamFG zu Gunsten von Vermächtnisnehmern aufzuweichen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes

Der BGH ist der Auffassung, dass diese Begründung des OLG Hamm der rechtlichen Nachprüfung nicht standhält. Das OLG habe zu Unrecht angenommen, dass die Beschwerde der Beteiligten zu 5) unzulässig sei. Beschwerdeberechtigt gemäß § 59 Abs. 1 FamFG ist derjenige, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.

Hierbei ist für die Beschwerdeberechtigung ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht erforderlich. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtstellung vorenthalten oder erschweren. Nicht ausreichend sind demgegenüber lediglich wirtschaftliche, rechtliche oder sonstige berechtigte Interessen. § 59 Abs. 1 FamFG entspricht insoweit inhaltlich der bisherigen Regelung in § 20 Abs. 1 FGG.

Beschwerdebefugnis des Vermächtnisnehmers

Auf dieser Grundlage ist ein Vermächtnisnehmer im Falle der Ablehnung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschwerdebefugt i.S.v. § 59 Abs. 1 FamFG, wenn es gerade zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers zählt, das Vermächtnis zu erfüllen. Zwar steht dem Vermächtnisnehmer gemäß § 2174 BGB lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch gegen die mit dem Vermächtnis beschwerten Erben zu. Dieser bleibt inhaltlich unabhängig davon bestehen, ob das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker ernennt oder nicht. Das ändert aber nichts daran, dass durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder die Ablehnung seiner Bestellung auch die Rechte des Vermächtnisnehmers beeinträchtigt oder zumindest gefährdet werden.

Ist es - wie hier - Aufgabe des Testamentsvollstreckers, im Wege der Abwicklungsvollstreckung das Vermächtnis zu erfüllen, so kann der Vermächtnisnehmer ihn neben dem Erben gemäß § 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB unmittelbar auf Erfüllung des Vermächtnisses in Anspruch nehmen. Dem entspricht es, dass der Testamentsvollstrecker im Falle einer Verletzung seiner Pflichten dem Vermächtnisnehmer gemäss § 2219 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sein kann. Lehnt das Nachlassgericht mithin die Ernennung eines Testamentsvollstreckers ab oder hebt es - wie vorliegend - einen entsprechenden Ernennungsbeschluss auf, so wird dem Vermächtnisnehmer eine weitere Person neben dem Erben, gegenüber der er seine Ansprüche geltend machen kann, genommen.

Im vorliegenden Fall diente die Testamentsvollstreckung - wie im Testament im Einzelnen aufgeführt - dazu, die Verwirklichung des Vermächtnisanspruchs durchzusetzen, indem der Testaments-vollstrecker den vorhandenen Grundbesitz veräußern und von dem Erlös u.a. zunächst die Ansprüche der Vermächtnisnehmer befriedigen sollte.

Eine fehlende Beschwerdebefugnis des Vermächtnisnehmers hätte unter Umständen zur Folge, dass sonst niemand vorhanden ist, der den Willen des Erblassers zur Einsetzung eines Testaments-vollstreckers verwirklicht. Hierzu könnte es kommen, wenn der Dritte (wie vorliegend der Notar) entgegen der Bestimmung des Erblassers keinen Testamentsvollstrecker gemäß § 2198 BGB bestimmt und der Erbe dagegen nicht vorgeht. In einem solchen Fall muss einem Vermächtnis-nehmer die Möglichkeit eröffnet werden, gegen die Ablehnung der Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht jedenfalls im Wege der Beschwerde vorgehen zu können, wenn es gerade Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist, das Vermächtnis zu vollziehen.

Beteiligter und Beschwerdeberechtigung

Sodann führt der BGH zu den verfahrensrechtlichen Begriffen des Beteiligten einerseits und der Beschwerdeberechtigung andererseits wie folgt aus:

Für die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 5) gemäß § 59 Abs. 1 FamFG kommt es demgegenüber nicht darauf an, ob und inwieweit sie verfahrensrechtlich als Beteiligte anzusehen ist. Gemäß § 2198 Abs. 2 BGB erlischt das Bestimmungsrecht des Dritten mit dem Ablauf einer ihm auf Antrag eines der Beteiligten von dem Nachlassgericht bestimmten Frist. Im Falle der Ernennung des Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht soll dieses vor der Ernennung die Beteiligten gemäß § 2200 Abs. 2 BGB hören. Zu den Beteiligten im Sinne dieser Vorschrift wurde bisher auch der Vermächtnisnehmer gerechnet. Demgegenüber bestimmt § 345 Abs. 3 FamFG, dass im Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers und zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses Beteiligter der Testamentsvollstrecker ist. Das Gericht kann als Beteiligte ferner die Erben und den Mitvollstrecker hinzuziehen. Auf Antrag sind sie hinzuzuziehen. Der Vermächtnisnehmer wird in dieser Vorschrift nicht mehr erwähnt.

Ob dies bedeutet, dass nunmehr auch § 2200 Abs. 2 BGB wegen eines Redaktionsversehens im Hinblick auf § 345 Abs. 3 FamFG eng auszulegen ist, kann nach Auffassung des BGH offen bleiben.

Für die Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 1 FamFG kommt es auf die Beteiligtenstellung nicht an. Es ist unerheblich, ob der Beschwerdeberechtigte tatsächlich Beteiligter des erstinstanzlichen Verfahrens war oder aufgrund seiner Rechtsbetroffenheit hätte hinzugezogen werden müssen.

Umgekehrt ist ein Beteiligter im erstinstanzlichen Verfahren nicht beschwerdeberechtigt, wenn er im Ergebnis der Entscheidung in seiner materiellen Rechtstellung nicht betroffen ist. Maßgebend ist alleine, ob durch die angegriffene Entscheidung ein subjektives Recht des Beschwerdeführers angegriffen wird.

Dies ist nach Auffassung des BGH vorliegend der Fall.

Der BGH hat sodann in diesem Beschluss noch darauf hingewiesen, dass nach der neueren Rechtsprechung des Senats die Regelungen in einem notariellen Testament, wonach der Notar die Person des Testamentsvollstreckers bestimmen soll, wegen des Verbots der Verschaffung eines rechtlichen Vorteils zu Gunsten des Notars gemäß § 7 Nr. 1 BeurkG unwirksam ist (vgl. hierzu die News vom 01.02.2013 zu dem Beschluss des BGH vom 10.10.2012).

 



Erstellt von: Joachim Müller - Fachanwalt für Erbrecht, Weißenthurm

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