06.10.2014
Entlassung - Nachfolgerbenennung - Testamentsvollstrecker

Trotz Entlassung darf Testamentsvollstrecker seinen Nachfolger bestimmen

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte einen für die Praxis wichtigen, jedoch komplizierten  Fall, bei dem es um die Nachfolgerbestimmung eines entlassenen Testamentsvollstreckers ging, zu entscheiden. Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth aus Obrigheim fasst ihn für Sie wie folgt zusammen:

 

Die Ausgangslage:

Wird ein Testamentsvollstrecker wegen Pflichtverletzung aus seinem Amt entlassen, fragt sich, ob er - wenn der Erblasser ihm in seinem Testament diese Befugnis ausdrücklich eingeräumt hatte - noch selbst seinen Nachfolger bestimmen darf oder ob er durch seine Entlassung dieses Recht ebenfalls verliert. 


Der zu entscheidende Sachverhalt (gekürzt):

Die Eltern bestimmten sich in verschiedenen Testamenten gegenseitig zu Alleinerben. Ihre Kinder sollten Schlusserben zu gleichen Teilen sein. Verschiedene Vorempfänge der Kinder sollten bei der Schlusserbauseinandersetzung angerechnet werden. Eine Tochter wurde zur Testamentsvollstreckerin mit der Aufgabe der Erbauseinandersetzung im Schlusserbfall unter Beachtung der Anrechnungsanordnungen bestimmt. Ihr war außerdem die Befugnis eingeräumt, einen Nachfolger im Amt zu bestimmen. Zwischen den Geschwistern herrschte Streit darüber, ob ein Teil der Miterben sich Darlehensschulden, die bei den Eltern aufgenommen worden waren, bei der Erbauseinandersetzung anrechnen lassen mussten.

Der Fehler der Testamentsvollstreckerin:

Die Testamentsvollstreckerin entnahm dem zu teilenden Nachlass im Vorgriff auf die anstehende Nachlassteilung 250000 Euro zu ihren Gunsten und zahlte zusätzlich aus dem Nachlass einem Bruder weitere 90 000 Euro aus. Daraufhin wurde sie von einer Miterbin erfolgreich auf Erstattung von 100 000 Euro an die Erbengemeinschaft verklagt und ein Entlassungsverfahren gegen sie eingeleitet.

Die Entscheidung des Nachlassgerichts:

Das Nachlassgericht entließ die Testamentsvollstreckerin auf Grund einer schwerwiegenden Pflichtverletzungen nach § 2227 BGB: Die Auszahlung des Geldes sowohl an sich selbst als auch an den Bruder stellte eine schuldhafte Pflichtverletzung dar, denn zum Zeitpunkt der Vorabentnahme lagen weder ein Teilungsplan vor, noch war eine Teilauseinandersetzung des Nachlasses zulässig. Daraufhin benannte die ehemalige Testamentsvollstreckerin ihre
Tochter zu ihrer Nachfolgerin. Die Tochter nahm das Amt als neue Testamentsvollstreckerin an.

Die Entscheidung Oberlandesgerichts:

Das Landgericht wies im Berufungsverfahren anschließend die Zahlungsklage in der Hauptsache ab, verurteilte die beklagte (alte) Testamentsvollstreckerin auf einen Hilfsantrag hin jedoch zur Rückzahlung der entnommenen Gelder an die Erbengemeinschaft. Hiergegen hatte die ehemalige Testamentsvollstreckerin zuvor Berufung eingelegt.


Die Berufung ist nur deshalb erfolgreich, weil durch die Auswechslung der Testamentsvollstreckerin die ursprüngliche Klage unzulässig geworden ist. Bis zum Erlass des landgerichtlichen Urteils durfte die Klägerin als Miterbin selbst den Prozess führen. Zwar hat grundsätzlich die Prozessführungsbefugnis alleine die Testamentsvollstreckerin. Da diese jedoch als Nachlassschuldnerin verklagt wurde, steht das Klagerecht ausnahmsweise den Erben zu. Mit Entlassung der Testamentsvollstreckerin ändert sich jedoch diese Prozessführungsbefugnis. Die Befugnis, einen Nachfolger im Testamentsvollstreckeramt zu benennen gilt auch dann, wenn der bestimmungsberechtigte Testamentsvollstrecker wegen einer Pflichtverletzung aus seinem Amt entlassen wird (Dies hatte jüngst auch das Oberlandesgericht München entschieden, s. Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge, Jg. 2008, Seiten 532, 535).
Dadurch ist allein die neue Testamentsvollstreckerin befugt, zum Nachlass gehörige Ansprüche geltend zu machen. Hierzu zählt auch der Schadenersatzanspruch gegenüber einem früheren Testamentsvollstrecker, wie bereits der Bundesgerichtshof ausgeurteilt hat (BGH NJW 2002, S. 3773 f.). Mangels Prozessführungsbefugnis der ehemaligen Klägerin als Miterbin dringt die Berufung durch.

Expertentipp:

Fachanwalt für Erbrecht, Wolfgang Roth aus Obrigheim, weist darauf hin, dass ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich – sofern ihm diese Befugnis im Testament eingeräumt worden war – seinen Amtsnachfolger auch dann selbst bestimmen darf, wenn er wegen Pflichtverletzung aus dem Amt entlassen wird. Nur wenn die Auslegung des Testaments Gegenteiliges ergibt, ist ihm dies nicht mehr möglich. Das Recht, einen Gerichtsprozess zu führen, ist eines der wichtigsten Rechte des Testamentsvollstreckers, welches er notfalls auch gegen den ehemaligen Testamentsvollstrecker wahrzunehmen hat.


Fundstelle: Oberlandesgericht Schleswig, Urteil vom 18.3.2014, Aktenzeichen: 3 U 34/13



Erstellt von: Wolfgang Roth - Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim

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