31.08.2015
Sicherstellung des Testamentsvollstreckerzeugnisses

Einstweilige Anordnung gem. § 49 Abs. 1 FamFG.

Das OLG Schleswig (Beschluss vom 13.07.2015 zum AZ.: 3 BX 68/15) hatte folgenden Fall zu entscheiden:

Sachverhalt

Die Erblasserin ohne Abkömmlinge hatte ein handschriftliches Testament hinterlassen, in dem sie unterschiedlichste Verfügungen traf und eine Testamentsvollstreckerin bestimmte. Diese erhielt dann antragsgemäß ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Die Testamentsvollstreckerin stellte einen Erbscheinantrag beim Nachlassgericht.

Im Laufe des Erbscheinverfahrens wurde bekannt, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht testierfähig war; dies hatte ein Gutachter festgestellt und aufgrund dieser Feststellung war Betreuung angeordnet worden. Aufgrund dieser Tatsache wies das Nachlassgericht dann den Erbscheinantrag zurück. Es berief sich auf fehlende Testierfähigkeit.

Mit weiterem Beschluss entschied das Nachlassgericht, dass das Testamentsvollstreckerzeugnis sichergestellt werden sollte. Es wurde der Beteiligten aufgegeben, es unverzüglich bei Gericht einzureichen.

Gegen diesen Beschluss legte die Testamentsvollstreckerin Beschwerde ein. Da der Beschwerde nicht abgeholfen wurde, wurde die Sache dem Senat des OLG vorgelegt.

Entscheidung des OLG Schleswig

Dies wies ebenfalls die Beschwerde zurück und führte hierzu aus, dass gem. § 49 Abs. 1 FamFG das Nachlassgericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme in Bezug auf das Testamentsvollstreckerzeugnis treffen kann, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und zusätzlich ein dringendes Bedürfnis für sofortiges Handeln besteht.

Dies gilt grundsätzlich für die Einziehung eines Erbscheins und gem.§ 2368  BGB sind die Vorschriften, die für einen Erbschein gelten aber auch auf ein Testamentsvollstreckerzeugnis anzuwenden.

Die einstweilige Anordnung nahm auch nicht die Hauptsache vorweg.

Der Erbschein kann unzweifelhaft durch einstweilige Anordnung eingezogen werden.

Im vorliegenden Fall sprachen wichtige Gründe dafür, dass das Testament nicht wirksam war und insofern auch die Testamentsvollstrecker-Ernennung keine Wirkung entfaltete.

Der Grund für ein umgehendes Vorgehen im Sinne einer Sicherung des Nachlasses (so der Senat) lag vor. Allein schon das Bestehen eines Testamentsvollstreckerzeugnisses und entsprechende Aushändigung lässt im Falle der befürchteten Notwendigkeit einer späteren Einziehung eines solchen Zeugnisses eine nicht unerhebliche Gefährdung der potentiellen Erben erwarten.

Auf der anderen Seite ist die Beschränkung des Testamentsvollstreckers, wenn er das Testamentsvollstreckerzeugnis –vorläufig- zur Sicherstellung zur Akte reichen muss, nicht erheblich.

Tipp des Fachanwalts für Erbrecht Stephan Konrad aus Bielefeld: Wenn ein dringender Verdacht nahe liegt, dass möglicherweise ein Testamentsvollstreckerzeugnis der Einziehung unterliegen könnte, kann beim Nachlassgericht eine einstweilige Anordnung beantragt werden, das Testamentsvollstreckerzeugnis zur vorläufigen Sicherung einzuziehen. Dies sollte in jedem Fall versucht werden. Dies kann ggf. insbesondere bei einem böswilligen -zu Unrecht eingesetzten- Testamentsvollstrecker größere Schäden verhindern helfen.



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

← zurück

Sie brauchen erbrechtlichen Rat?

Testamentsvollstrecker - Fachanwälte für ErbrechtHier finden Sie unsere Testamentsvollstrecker in Ihrer N�he.

Erbrecht-App

Laden Sie hier unsere kostenlose Erbrecht-App
Erbrecht App
Bleiben Sie mit uns in Kontakt.

Netzwerk Deutscher Testamentsvollstrecker e.V.
Fachanwälte für Erbrecht