Europäisches Nachlasszeugnis – Befugnisse – Einschränkungen
EU-ErbVO: Änderungen für Testamentsvollstrecker bei Auslandsbezug
Die Europäische Erbrechtsverordnung wird auf alle Todesfälle, die ab dem 17.08.2015 eintreten, angewendet. Sie gilt in allen EU-Staaten außer Dänemark, Irland und Großbritannien. Sie ist auch anwendbar im Verhältnis zu Staatsangehörigen außerhalb der teilnehmenden Staaten, Artikel 20 EU-ErbVO.
Befugnisse des deutschen Testamentsvollstreckers
Der Testamentsvollstrecker nach deutschem Recht hat sehr weitgehende Befugnisse. So hat er eine verdrängende Besitz- und Verfügungsbefugnis gegenüber den Erben, § 2205 S. 2 BGB, er unterliegt keiner staatlichen Aufsicht und kann auch auf Dauer eingesetzt werden, § 2209 BGB. Eine so freizügige Ausgestaltung findet sich ähnlich nur in der Schweiz, den Niederlanden, Griechenland und der Türkei.
Einfluss der jeweiligen Rechtsordnung
Die Befugnisse des Testamentsvollstreckers richten sich grundsätzlich nach der Rechtsordnung, nach der er eingesetzt wurde. Nach den meisten europäischen Rechtsordnungen hat er jedoch nur eingeschränkte Möglichkeiten. Ist er aber nach deutschem Erbrecht eingesetzt worden, so hat er zumindest in den Staaten, in denen die EU-ErbVO gilt, in der Regel seine vollen Befugnisse nach dem deutschen Recht.
Einschränkungen für den deutschen Testamentsvollstrecker
Dennoch können bei Berufung nach deutschem Erbrecht Probleme auftreten. Denn sein Einsatz ist auch nach dem Recht des Ziellandes zu beurteilen. So sehen zum Beispiel das französische und das italienische Recht bei einer überlangen Testamentsvollstreckung einen Verstoß gegen den ordre public, der nach Art. 35 EU-ErbVO zu berücksichtigen ist.
Europäisches Nachlasszeugnis
Mit dem neuen Europäischen Nachlasszeugnis erfolgt in Zukunft der Nachweis der Erbschaft. Darin sind auch Beschränkungen, wie beispielsweise die Testamentsvollstreckung, anzugeben, Art. 68 n EU-ErbVO. Unklar ist aktuell noch, ob lediglich die Sonderbefugnisse oder auch die allgemeinen gesetzlichen Befugnisse zu vermerken sind. Denn zur Vereinfachung für die ausländischen Behörden und Gerichte wäre es sicher sinnvoll, auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen hinzuweisen.
Wirkung in Drittstaaten
Grundsätzlich gilt das Europäische Nachlasszeugnis nur in den Mitgliedstaaten, nicht aber Drittstaaten. Ob diese das Europäische Nachlasszeugnis anerkennen, ist noch offen. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, parallel einen deutschen Erbschein bzw. ein deutsches Testamentsvollstreckerzeugnis zu nutzen.
Vollmachten des Erblassers
Um solche Problematiken zu umgehen, kann es sich anbieten, ergänzend Vollmachten des Erblassers zu nutzen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass postmortale Vollmachten praktisch nur im deutschen und teilweise im niederländischen Recht anerkannt sind. Im Gegenzug dazu sind transmortale Vollmachten in den meisten Staaten unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Auch eine Rechtswahl in Bezug auf die Vollmacht ist nur eingeschränkt anerkannt, so z.B. in Spanien, in Österreich und der Schweiz. Einzige anerkannte Möglichkeit bleibt eine von den Erben erteilte Nachlassvollmacht. Dies kann der Erblasser durch Auflagen oder Bedingungen in seinem Testament erreichen.
Expertentipp
RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, empfiehlt daher:
1. Will ein deutscher Erblasser mit Vermögen in mehreren europäischen Ländern einen Testamentsvollstrecker einsetzen, sollte er in seiner letztwilligen Verfügung deutsches Erbrecht als Erbstatut wählen.
2. Ein Testamentsvollstrecker hat zu prüfen, nach welcher Rechtsordnung er benannt und in welcher Rechtsordnung er zu agieren hat. Denn danach richten sich seine Befugnisse.
3. Bei Drittstaatenbezug ist zu prüfen, welche Zeugnisse dort anerkannt werden. Falls erforderlich ist neben dem Europäischen Nachlasszeugnis auch ein deutsches Testamentsvollstreckerzeugnis einzuholen.
4. Bei der Errichtung ergänzender Vollmachten ist stets zu prüfen, ob die jeweilige Form in den betreffenden Mitgliedstaaten anerkannt ist.
Erstellt von: Franz-Georg Lauck - Fachanwalt für Erbrecht, Dresden
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