19.04.2016
Entlassung des Testamentsvollstreckers

Antragsrecht des pflichtteilsberechtigten Nichterben

Mit einem Beschluss hat das OLG Bremen am 01.02.2016 festgestellt, dass auch der Pflichtteilsberechtigte in Einzelfällen berechtigt sein kann, einen wirksamen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zu stellen.
Das Amtsgericht hatte zunächst den Entlassungsantrag als bereits unzulässig zurückgewiesen mit der Begründung, es fehle der Antragstellerin an der notwendigen Stellung als Beteiligte im Verfahren. Der Pflichtteil sei nicht als Erbteil ausgestaltet worden, sondern als rein schuldrechtlicher Anspruch des Berechtigten. Eine Besserstellung des Pflichtteilsberechtigten gegenüber anderen Nachlassgläubigern sei nicht gerechtfertigt.
Gem. § 2227 BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten entlassen. Die Stellung als Beteiligter ist damit zwingende Antragsvoraussetzung.
Dabei führte das OLG Bremen in seiner Entscheidung ausführlich aus, warum nach dortiger Ansicht der Pflichtteilsberechtigte – anders als die übrigen Nachlassgläubiger -  ein Beteiligter im Entlassungsverfahren gegenüber dem Testamentsvollstrecker sein soll.

Die ausführliche Begründung, in der auch ausführlich auf die bisherige Rechtsprechung Bezug genommen wird, vermag hingegen dogmatisch nicht vollständig zu überzeugen und scheint eher vom gewünschten Ergebnis geprägt zu sein.
So wird im Rahmen der gesamten Entscheidung nicht berücksichtigt, dass der Pflichtteilsberechtigte seine Ansprüche nicht gegenüber dem Testamentsvollstrecker, sondern gegenüber den Erben geltend machen muss. Der Testamentsvollstrecker ist allenfalls zur Duldung der Vollstreckung verpflichtet. Insoweit lässt sich eine Beeinträchtigung der Rechte des Pflichtteilsberechtigten durch die Handlung des Testamentsvollstreckers nur schwer begründen.

Allein die Tatsache, dass der Erblasser möglicherweise mit der Einsetzung des Testamentsvollstreckers auch den Pflichtteilsansprüchen des Pflichtteilsberechtigten Rechnung tragen wollte und die Erfüllung der Pflichtteilsansprüche dem Testamentsvollstrecker auferlegt hat, mag möglicherweise die Entscheidung des OLG rechtfertigen.

Für die Praxis hingegen ergeben sich weitreichende Konsequenzen, die insbesondere dann relevant sind, wenn durch den Testamentsvollstrecker verschleiert oder verschleudert wird.

Wie auch für das Nachlassgericht drängt sich die Entscheidung des OLG Bremen nicht unmittelbar auf, so dass diese Entscheidung bei allen mit diesem Thema befassten Anwälten präsent sein sollte.

 

Praxistipp vom Fachanwalt für Erbrecht und Testamentsvollstrecker Andreas Wolff:

Auch der Pflichtteilsberechtigte sollte bei streitigen Auseinandersetzungen überprüfen, ob nicht möglicherweise eine Durchsetzung seiner Pflichtteilsansprüche dadurch beschleunigt werden kann, dass ein Entlassungsantrag gestellt wird. Die Entscheidung des OLG Bremen und insbesondere die umfangreiche Begründung der Entscheidung geben hierzu eine Reihe von Anhaltspunkten, welche die Aussichten eines solchen Antrags erhöhen.

 

 

 



Erstellt von: Andreas Wolff - Fachanwalt für Erbrecht, Mannheim

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