28.02.2017
Herausgabe von Nutzungen

Pflicht zur Herausgabe der jährlichen Erträge durch den Testamentsvollstrecker

Über die Frage, ob der Testamentsvollstrecker Nutzungen des Nachlasses an den Erben herausgeben muss, und wenn ja, in welcher Höhe ist höchstrichterlich nicht abcshließend geklärt. Zuletzt hatte sich das OLG Franfkurt a. M mit dieser Frage zu beschäftigen.

Dem Beschluss des OLG Frankfurt v. 15.2.2016 (Akz.: 8 W 59/15) folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Erblasser hinterließ Ehefrau und drei Kinder. In seinem Testament hatte er die Ehefrau zu 3/10, den volljährigen Sohn ebenfalls zu 3/10 und seine beiden minderjährigen Kinder zu je 2/10 als Erben eingesetzt. Weiterhin hatte der Dauertestamentsvollstreckung bis zur Volljährigkeit des jüngsten Kindes angeordnet. Zum Nachlass gehören Immobilien, die Mieterträge in Höhe von 2.000 € pro Monat abwerfen. Davon kehrte die Testamentsvollstreckerin zunächst an die Kindesmutter 600 €, an den volljährigen Sohn 600 € und an die beiden minderjährigen Kinder je 400 € aus. Die Auszahlung der 800 € für die minderjährigen Kinder erfolgte an die Mutter als Sorgeberechtigte. Die Auszahlung dieser 800 € stellte die Testamentsvollstreckerin später mit der Begründung ein, dass die Mutter die entsprechenden Beträge nicht für die minderjährigen Kinder, sondern für eigene Zwecke verwende. Sie legt daher die monatlichen Beträge auf Sparkonten der Kinder an. Hiergegen erhob die Mutter Klage auf Auszahlung der monatlich 800 € an sie als gesetzliche Vertreterin der Kinder.

Gesetzliche Regelung zur Herausgabe der Nutzungen

Der Testamentsvollstrecker hat nach § 2205 BGB den Nachlass in Besitz zu nehmen, bis zum Ende seines Amtes in seinem Besitz zu halten und ihn stets ordnungsmäßig zu verwalten, § 2216 Absatz 1 BGB. Das gilt auch für die Nutzungen des Nachlasses. Denn auch sie gehören zum Nachlass.

Herausgabe der Nutzungen kann der Erbe nur ausnahmsweise verlangen

Die Herausgabe der Nutzungen können die Erben vom Testamentsvollstrecker daher – vorbehaltlich einer anders lautenden Verfügung von Todes wegen – nach der Rechtsprechung nur dann verlangen, wenn dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses entspricht (§ 2216 Absatz 1 BGB). Maßgebend ist im Rahmen des § 2216 Absatz 1 BGB der durch Auslegung zu ermittelnde Wille des Erblassers.

Herausgabe der Nutzungen könne nach § 2216 Absatz 1 BGB daher verlangt werden für

-den eigenen Unterhalt des Erben,

-für die fälligen Steuern (Erbschaftsteuer) und

-für die Erfüllung der den Erben gegenüber Dritten treffenden gesetzlichen Unterhaltspflichten.

Entscheidung des OLG Frankfurt

Nach diesen Maßstäben sei die Testamentsvollstreckerin im konkreten Fall zur Ausschüttung nicht verpflichtet gewesen, da keiner der vorgenannten Ausnahmefälle vorliege.

Kein Anspruch auf Auszahlung der Mieterträge aufgrund einer Gleichbehandlungspflicht

Ein Anspruch auf Auszahlung der Mieterträge ergibt sich nach Ansicht des Gerichts auch nicht aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Erben durch die Testamentsvollstreckerin. Zwar ist ein Testamentsvollstrecker grundsätzlich zur Gleichbehandlung aller Erben verpflichtet. Dieser Grundsatz kann jedoch vom Erblasser aufgehoben werden, was hier geschehen ist, da der Erblasser seine Erben selbst nicht gleich behandelt hat, sondern mit unterschiedlichen Erbteilen bedacht hat. An eine derartige Ungleichbehandlung der Erben durch den Erblasser ist auch der Testamentsvollstrecker gebunden.



Erstellt von: Martina Klose - Fachanwalt für Erbrecht, Jena

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