30.06.2017
Testamentarisch ist die Zuweisung von Streitigkeiten an ein Schiedsgericht nur eingeschränkt möglich

Keine Zuständigkeit eines Schiedsgerichts für die Entscheidung über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers

Aufgrund der teilweise erheblichen Überlastung der Gerichte und der damit einhergehenden Dauer gerichtlicher Verfahren wird zunehmend in Testamenten bestimmt, dass Streitigkeiten die im Zusammenhang mit einem Erbfall auftreten können durch – nicht gerichtliche – Schiedsgerichte entschieden werden sollen. Ein Vorteil eines Schiedsgerichts sind demnach nicht nur die kurze Verfahrensdauer, sondern auch die in der Regel geringeren Kosten eines Verfahrens. Zudem sei gewährleistet, dass ein Schiedsgericht besondere erbrechtliche Kenntnisse und damit Kompetenz hinsichtlich des streitigen Sachverhaltes habe, wenn ein erbrechtlich spezialisiertes Schiedsgericht ausgewählt werde.Diese Regelungsbefugnis von Personen, die ein Testament errichten, ist jedoch begrenzt.

Über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers entscheidet das Nachlassgericht

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 17. Mai 2017 (Aktenzeichen: IV ZB 25/16) entschieden, dass testamentarisch nicht bindend bestimmt werden kann, dass einem Schiedsgericht – unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit – die Entscheidung über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers zugewiesen wird.

Testament hat die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vorgesehen

In dem zu entscheidenden Fall hatten Ehegatten verfügt, dass nach dem Ableben des zweiten Ehegatten der Nachlass der Testamentsvollstreckung unterliegen solle.

Weiter war in dem Testament bestimmt, dass alle Erben, Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte für Streitigkeiten über testamentarische Anordnungen ausschließlich ein bestimmtes Schiedsgericht für Erbstreitigkeiten anrufen dürfe. Ein Antrag bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit sei zur Entscheidung über einen Streit ausgeschlossen.

Amtspflichtverletzung des Testamentsvollstreckers als Abberufungsgrund

Einige Zeit nach dem Erbfall und der Durchführung der Testamentsvollstreckung durch die dafür berufene Person waren die zu Erben mit dessen Tätigkeit unzufrieden. Sie vertraten die Auffassung, dass er seine Amtspflichten schwer verletzt habe, sodass er abzuberufen sei. Daher beantragten sie, abweichend von der testamentarischen Anordnung, beim Nachlassgericht die Entlassung des Testamentsvollstreckers.

Dieser hat gegen den Antrag eingewandt, dass Nachlassgericht sei für die Streitigkeit aufgrund der testamentarischen Anordnung nicht zuständig.

Nachlassgericht entscheidet über Entlassung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die testamentarische Klausel einer Entscheidung des Nachlassgerichtes nicht entgegenstehe. Begründet wurde dies damit, dass einem Schiedsgericht nur die erbrechtlichen Streitigkeiten zugewiesen werden könnten, hinsichtlich derer der Erblasser seinerseits lebzeitig bereits eine materielle Verfügungsbefugnis gehabt habe. Dies sei bei der zu entscheidenden Frage nicht der Fall.

Schutz der Nachlassbeteiligten vor starker Stellung des Testamentsvollstreckers

Das Gesetz sehe in einigen Paragraphen vor, dass auch ein Erblasser selbst einen Testamentsvollstrecker von bestimmten dem Schutz von Erben vorgesehen Verpflichtungen nicht befreit werden könne. Zwar befinde sich im Gesetz keine ausdrückliche Regelung zur Abberufung des Testamentsvollstreckers. Aber der Rechtsgedanke dieser Regelungen sei auf die Entscheidung über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers zu übertragen. Der Gesetzgeber wolle es „nicht zulassen, dass ein Erblasser den Erben mit gebundenen Händen dem ausgedehnten Machtbereich des Testamentsvollstreckers überliefert."

Wäre dies möglich, würde die Gefahr drohen, dass die im Übrigen im Gesetz vorgesehenen Schranken für die Entbindung von Verpflichtungen des Testamentsvollstrecker leerlaufen könnten.

Die Schranken werden der starken Stellung des Testamentsvollstreckers den nur schwach ausgestalteten Rechten der Erben entgegengesetzt. Damit stelle das Recht, den Testamentsvollstrecker zu entlassen, für die Erben praktisch die einzige wirksame Möglichkeit dar, Einfluss auf die Testamentsvollstreckung zu nehmen. Dieser nur gering ausgestaltete Schutz der Erben gewährleiste zumindest ein Minimum an Schutz durch die staatlichen Gerichte.

Praxistipp des Fachanwalts für Erbrecht Joachim Mohr

Angesichts der aktuellen Rechtslage sollte eine Schiedsgerichtsklausel in einem Testament ausdrücklich bestimmen, dass der Streit über die Abberufung eines Testamentsvollstreckers von der Zuweisung an ein Schiedsgericht ausdrücklich ausgenommen ist.



Erstellt von: Joachim Mohr - Fachanwalt für Erbrecht, Giessen

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