01.08.2017
Vergütung und Auslagen richtig regeln

Was kostet der Testamentsvollstrecker?

Erbrechtsexperte und Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth aus Obrigheim gibt einen Überblick, welche Vergütung dem Testamentsvollstrecker zusteht, auch wenn dazu nichts im Testament geregelt ist. Denn Testamentsvollstreckung ist kein Ehrenamt, sondern eine haftungsträchtige Tätigkeit. Oft wird erbittert zwischen den Erben und dem eingesetzten Testamentsvollstrecker um dessen Vergütung gestritten. Das muss nicht sein: Der Erblasser kann diesen Streit vermeiden.

I. Die Vorgabe einer Vergütung durch den Erblasser

Der Erblasser darf in seinem Testament oder Erbvertrag anordnen, ob überhaupt und wenn ja, in welcher Höhe der Testamentsvollstrecker eine Vergütung für seine Tätigkeit erhält und wann diese fällig ist. Dazu kann er wählen, denn er kann

  • einen Pauschalbetrag, 
  • ein Prozentsatz der jährlichen Erträge des zu verwaltenden Vermögens oder 
  • eine Stundenvergütung bestimmen. 
  • Er kann es auch dem Testamentsvollstrecker selbst oder einem Dritten überlassen, die Höhe der angemessenen Vergütung festzulegen. 
  • Bestimmt der sparsame Erblasser, dass gar keine oder eine zu geringe Vergütung von den Erben zu bezahlen ist, wird der Testamentsvollstrecker das Amt ablehnen; nimmt er es dennoch an, bleibt für den Testamentsvollstrecker nur die Möglichkeit, sich mit den Erben direkt über seine Entlohnung zu einigen.

Das Nachlassgericht darf nicht die Höhe festsetzen, denn hierzu ist nicht zuständig, selbst dann nicht, wenn es von den Erben oder dem Testamentsvollstrecker darum gebeten wird.

II. Keine Vorgabe seitens des Erblassers

Hat der Erblasser die Höhe der Testamentsvollstreckervergütung nicht festgelegt, kann der Testamentsvollstrecker eine „angemessene“ Vergütung verlangen, wie § 2221 BGB vorsieht. Dies ist quasi eine "Auffangvorschrift", damit der Vollstrecker zumindest eine sich aus dem Gesetz ergebende Anspruchsgrundlage hat, wenn der Testator hierzu selbst nichts vorgibt.

Die Höhe der Bezahlung ist wegen des unbestimmten Rechtsbegriffs "angemessene Vergütung" häufig ein Zankapfel zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker. Es bedarf also notfalls einer Bestimmung durch einen Richter, um die "Angemessenheit" der Bezahlung festzulegen. Ohne weitere Angaben richtet sie sich laut Bundesgerichtshof unter anderem nach

  • dem Pflichtenkreis, der dem Testamentsvollstrecker nach dem Gesetz obliegt, 
  • dem Umfang seiner Verantwortung und 
  • der von ihm geleisteten Arbeit, wobei die 
  • Schwierigkeit der gelösten Aufgaben, 
  • die Dauer der Abwicklung des Nachlasses oder seiner Verwaltung, 
  • die Verwertung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen,
  • sowie auch die Bewährung einer sich im Erfolg auswirkenden Geschicklichkeit zu berücksichtigen sind.

Dabei ist immer vom Bruttonachlass ohne Abzug von Verbindlichkeiten auszugehen, der Struktur des Nachlasses und der durchzuführenden Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers.

Die Literatur empfiehlt für die Berechnung der Vergütung, Tabellenwerte anzuwenden, denn nur so kann eine einigermaßen "griffige" Bewertung in der Praxis ermöglicht werden. Neben der „Neuen Rheinischen Tabelle“ wird zum Teil auch auf die Rheinische Tabelle von 1925 (selbstverständlich fortgeschrieben bis heute), die Klingelhöffer´sche, die Tschiskal´sche, die Eckelkemper´sche und die Weirich´sche Tabelle verwiesen. Diese Tabellen unterscheiden sich nur im sogenannten Grundbetrag, der der Vergütung zu Grunde liegt und den einzelnen Zuschlagsmöglichkeiten zu jenem Grundbetrag. Dabei ist immer eine Prüfung des einzelnen Erbfalls in seiner Abwicklung durch den Testamentsvollstrecker vorzunehmen.

Der Rechtsprechung hat mittlerweile die im Jahr 2000 vom Deutschen Notarverein veröffentliche sogenannte „Neue Rheinische Tabelle“ als Grundlage der „angemessenen“ Vergütung in der Praxis anerkannt und zieht diese hierfür heran, wenn ein Richter des Zivilgerichts darüber entscheiden muss. Hierbei werden - abhängig von der Nachlasshöhe - die Vollstreckergebühren nach einem bestimmten Prozentsatz des Bruttonachlasses berechnet. Auch Zuschläge für z.B. eine komplexe Nachlassverwaltung oder dessen Auseinandersetzung sind möglich. Bei einer Dauertestamentsvollstreckung wird pro Jahr ein geringer Prozentsatz des Gesamtbruttonachlasses als Vergütung fällig.

III. Die einzelnen Zuschläge zur Grundvergütung

Nach der Neuen Rheinischen Tabelle Ziffer II.1.a. erhält der Testamentsvollstrecker einen Zuschlag zwischen 2/10 bis 10/10 bei aufwendiger Grundtätigkeit, sofern die Nachlassermittlung aufwendiger als der Normalfall ist. Die ist z. B. gegeben bei

  • besonderen Maßnahmen zur Ermittlung oder Sichtung des Nachlasses, 
  • der Erstellung des Nachlassverzeichnisses, 
  • der Bewertung oder der Regulierung von Nachlassverbindlichkeiten einschließlich der Erbschaftsteuer,
  • der Berücksichtigung umfangreicher Vorausempfänge und Anrechnungsbestimmungen 
  • Umstrukturierungen des Nachlasses, 
  • Umschuldungen, 
  • der Verwertung des Nachlasses, oder 
  • der Durchführung einer Erbauseinandersetzung.

In welchem Umfang die Zuschläge erhoben werden, liegt zunächst im Ermessen des Testamentsvollstreckers, der aber immer Augenmaß walten lassen sollte!

IV. Umsatzsteuer und Auslagen

Nach der Neuen Rheinischen Tabelle erhält der Testamentsvollstrecker die Umsatzsteuer zusätzlich zur Vergütung, wenn er Vorsteuerabzugsberechtigt ist (z.B. Steuerberater oder Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, die häufig als neutrale Personen mit diesem Amt betraut werden).

Seine Auslagen kann der Testamentsvollstrecker aus dem Nachlass und sofort entnehmen, wie das Gesetz ausdrücklich in §§ 2218, 670 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorsieht. Dazu zählen z. B. seine Fahrtkosten, Porto, Telefongebühren und Vergütungen an Steuerberater, Hausverwalter und sonstige Hilfspersonen, die er einschaltet.

V. Die streitige Durchsetzung des Vergütungsanspruchs

Da der Testamentsvollstrecker seine Vergütung nicht verbindlich vom Nachlassgericht festsetzen lassen kann, ist es wichtig, dass der Erblasser ihm das Recht einräumt, die Vergütung aus dem Nachlass zu entnehmen. Die Vergütung ist dann eine Nachlassverbindlichkeit, die der Testamentsvollstrecker an sich selbst erfüllen, also dem Nachlass bei Ende seiner Tätigkeit entnehmen darf. Bleibt dies ungeregelt, haften die Miterben für die Nachlassverbindlichkeit als Gesamtschuldner.

VI. Der Erbrechtstipp für Sie

Der Erblasser sollte, wenn er eine Testamentsvollstreckung anordnet, immer daran denken, die Gebührenfrage selbst zu regeln und hierfür Vorgaben machen. Dieser "Erblasserwille" geht der allgemeinen gesetzlichen Auffangnorm der "angemessenen Vergütung" immer vor und schließt diese streitanfällige Formulierung aus. Ohne eine ausdrückliche Regelung der Bezahlung ergibt sich aus den wenigen gesetzlichen Regelungen regelmäßig Streit um die Vergütungshöhe, wie Fachanwalt für Erbrecht Wolfgang Roth aus einer Vielzahl solcher Vergütungsprozesse aus der täglichen Erbrechtspraxis zu berichten weiß.     



Erstellt von: Wolfgang Roth - Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim

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