22.01.2018
Testamentsvollstreckung / Erbengemeinschaft / Schenkung

Ein Miterbe als Testamentsvollstrecker kann eine Immobilie zum angemessenen Preis auch an sich selbst verkaufen.

Ein Testamentsvollstrecker hat eine starke Rechtsstellung. Er nimmt den Nachlass in Besitz und verfügt über den Nachlass. Einschränkungen der Befugnisse eines Testamentsvollstreckers können nur durch ein Testament oder einen Erbvertrag geregelt werden. So können einem Testamentsvollstrecker auch nur einzelne Aufgaben, zum Beispiel die Erfüllung eines Vermächtnisses, übertragen werden.

 

 

Miterbe als Testamentsvollstrecker

Auch ein Miterbe kann zum Testamentsvollstrecker bestimmt werden. Er darf dann allerdings seine Interessen als Miterbe nicht über die der anderen Miterben stellen. Er muss das Amt als Testamentsvollstrecker für den gesamten Nachlass ordnungsgemäß führen. Andernfalls kann er sich schadenersatzpflichtig machen.

 

 

Grundsätzliches Schenkungsverbot

In § 2205 BGB ist angeordnet, dass ein Testamentsvollstrecker zu unentgeltlichen Verfügungen nur berechtigt ist, wenn die Schenkung „einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht“ entspricht. Diese Fälle sind natürlich selten.

 

 

Verkauf von Immobilien durch Testamentsvollstrecker

Konflikte mit dem Testamentsvollstrecker entstehen häufig beim Verkauf von Immobilien. Die Erben sind oft der Ansicht, dass der Testamentsvollstrecker zu niedrige Immobilienpreise erzielt.

 

Unlängst hatte sich das OLG München (Beschluss vom 16.11.2017 - 34 Wx 266/17) mit dem Fall zu befassen, dass eine Miterbin, die gleichzeitig Testamentsvollstreckerin war, eine im Nachlass befindliche Immobilie auf sich und ihren Bruder, der ebenfalls Miterbe war, gegen Zahlung eines Kaufpreises übertrug. Diesen Preis hatte die Miterbin bzw. Testamentsvollstreckerin zuvor durch ein Sachverständigengutachten ermitteln lassen.

 

Gegen den Antrag, die Testamentsvollstreckerin und den miterbenden Bruder als neue Eigentümer im Grundbuch einzutragen, wehrten sich andere Miterben, zwei weitere Geschwister. Sie trugen beim Grundbuchamt vor, dass der Kaufpreis zu niedrig sei und legten ein Gutachten vor, nach dem der Verkehrswert um 30.000 Euro höher war als der Kaufpreis.

 

Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung des Eigentumswechsels ab mit der Begründung, es habe sich um ein teilunentgeltliches Geschäft gehandelt.

 

 

Insichgeschäfte des Testamentsvollstreckers

Das OLG München hob diese Entscheidung auf und wies das Grundbuchamt zur Umschreibung an. Dass die Miterbin in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin die Umschreibung auch auf sich selbst verlangte, war vom Testament gedeckt. Die Eltern hatten im Testament ihre Tochter insoweit von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Tochter konnte daher auch Rechtsgeschäfte mit sich selber tätigen.

 

 

Preisvorstellungen des Testamentsvollstreckers

Im Übrigen führte das OLG München aus, dass das Grundbuchamt bei Immobiliengeschäften selbstverständlich eine Prüfungspflicht hat, ob es (teil)unentgeltliche Verfügungen über Grundbesitz gibt. Dies gilt gerade dann, wenn der Testamentsvollstrecker eine Immobilie auf sich selbst überträgt. Für entscheidend hielt das OLG München, dass die Testamentsvollstreckerin das Fehlen oder die Ungleichwertigkeit der Gegenleistung nicht erkannt hat oder auch bei ordnungsgemäßer Verwaltung nicht hätte erkennen müssen. Es kommt also auch darauf an, ob ein Testamentsvollstrecker subjektiv der Ansicht sein muss, dass eine (Teil)Unentgeltlichkeit vorliegt. Bei einer relativ geringen Differenz zwischen verschiedenen Gutachten, was ja häufig der Fall ist, kann man einem Testamentsvollstrecker nicht vorwerfen, nicht noch weitere Gutachten eingeholt zu haben. Es lag für ihn ja nicht auf der Hand, dass das von ihm eingeholte Gutachten fehlerhaft war.

 

Gerade im Bereich der Testamentsvollstreckung gibt es oft Unsicherheiten, was ein Testamentsvollstrecker darf oder nicht. Im Zweifelsfall sollte immer ein Fachanwalt für Erbrecht zu Rate gezogen werden.



Erstellt von: Klaus Becker - Fachanwalt für Erbrecht, Aachen

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