05.06.2019
Schadenersatzpflicht des Testamentsvollstreckers

Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers ist immer dann gegeben, wenn sich dieser nicht an klare testament

Das Oberlandesgericht München musste sich in einem Urteil vom 13.3.2019 (Az. 20 U 1345/18) mit einem Fall beschäftigen, in dem der Testamentsvollstrecker klare Vorgaben im Testament schlichtweg nicht beachtet hat.

 

Die Klägerin und ihre 4 Geschwister wurden aufgrund des Testaments der im Mai 2016 verstorbenen Mutter Erben mit einer Quote zu jeweils 1/5. Die Beklagte, eine Rechtsanwältin und Steuerberaterin, wurde durch die Erblasserin zur Testamentsvollstreckerin bestimmt. Im Testament war klar umrissen, dass 2 der Miterben bereits ausbezahlte Beträge von insgesamt 83.586 € bzw. 35.000 € als so genannte Vorempfänge anzurechnen sind. Die Testamentsvollstreckerin überwies allerdings allen Miterben den rechnerisch gleichen Betrag i.H.v. 154.000 €, berücksichtigte also entgegen den testamentarischen Vorgaben die Vorempfänge nicht. Die Klägerin machte den ihr aus der fehlerhaften Auszahlung entstandenen Schaden i.H.v. 23.713 € gerichtlich geltend. Mit Endurteil vom 5.3.2018 hat das Landgericht München die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Die zulässige Berufung zum Oberlandesgericht München wurde zurückgewiesen.

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht haben ausgeführt, dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 2219 BGB vorliegen. Unzweifelhaft habe die Beklagte als Testamentsvollstreckerin die ihr im Testament gemachten Vorgaben zur Anrechnung der bereits unstreitig erfolgten Zahlungen an 2 Miterben nicht berücksichtigt. Dies aber stellt eine offensichtliche Pflichtverletzung dar, so dass Oberlandesgericht München. Da sich die Vorgabe der Erblasserin die Zahlungen als Vorempfang auf den Erbteil anzurechnen klar aus den testamentarischen Bestimmungen ergibt, war die auf dieser Pflichtverletzung beruhende fehlerhafte Auszahlung zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 BGB. Eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten sei damit unzweifelhaft gegeben. Durch die pflichtwidrige unterbliebene Anrechnung der Vorempfänge hat die Beklagte den Bestand des Nachlasses falsch berechnet und den nicht mit Vorempfängen begünstigten weiteren Miterben jeweils 23.713 € zu wenig ausbezahlt. Folglich war die Beklagte als Testamentsvollstreckerin entsprechend zu verurteilen.

 

Praxistipp des Fachanwalts für Erbrecht, Rechtsanwalt Florian Enzensberger, aus Weilheim:

Immer wieder erlebt man in der täglichen Praxis, dass Testamentsvollstrecker aus Unwissenheit oder schlichter Schlampigkeit heraus Vorgaben im Testament oder gesetzliche Bestimmungen nicht oder nicht richtig umsetzen. Bei juristischen Laien mag man hierfür noch ein gewisses Grundverständnis aufbringen. Nicht nachvollziehbar ist dies im vorliegenden Fall, wenn es sich bei der Testamentsvollstreckerin um eine Rechtsanwältin und Steuerberaterin handelt. Auch ein juristischer Laie, der als Testamentsvollstrecker bestimmt ist und das Amt angenommen hat, wird jedoch an den Vorgaben im Testament und den gesetzlichen Bestimmungen genauso gemessen wie ein Rechtsanwalt. Deshalb ist einem zum Testamentsvollstrecker bestimmten Laien oder einem Juristen, der nicht täglich im Bereich der Testamentsvollstreckung tätig ist, dringend anzuraten einen Fachanwalt für Erbrecht zu konsultieren, wenn die Umsetzung der testamentarischen Vorgaben Schwierigkeiten bereitet. Andernfalls ist mit Schadenersatzansprüchen der am Nachlass Beteiligten zu rechnen.



Erstellt von: Florian Enzensberger - Fachanwalt für Erbrecht, Weilheim

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