28.02.2020
Nachträgliche einseitige Änderung gemeinschaftlichen Testamentes

Austausch eines Testamentsvollstreckers

Das OLG Schleswig (OLG Schleswig (3. Zivilsenat), Beschluss vom 04.11.2019 - 3 Wx 12/19)11.2018) hatte folgenden Fall zu entscheiden:

Sachverhalt:

Eheleute errichteten ein gemeinsames Testament und setzten ihre drei Kinder zu jeweils 1/3 als Erben nach dem Tod eines jeden der Ehegatten ein. Der überlebende Ehegatte sollte alle Haushaltsgegenstände erhalten. Jedes Kind solle aus dem Vermögen eines jeden Elternteils ein Vorausvermächtnis erhalten.

Angeordnet wurde überdies eine Testamentsvollstreckung.

Der Ehemann benannte ein weiteres Kind 3 zum Testamentsvollstrecker, die Ehefrau benannte ihren Ehemann zum Testamentsvollstrecker und ansonsten ebenfalls das auch vom Ehemann benannte Kind 3. Der Testamentsvollstrecker erhielt die Aufgabe, Vorausvermächtnisse zu erfüllen und den Nachlass auseinander zu setzen. Die Aufgabe sollte er unentgeltlich ausüben. 

Die Bestimmungen des Testamentes sollten, soweit nicht anders bestimmt und gesetzlich zulässig wechselbezüglich sein.

Nach dem Tod des Ehemannes errichtete die Ehefrau ein weiteres notarielles Testament, in dem sie die Einsetzung des Kindes 1 zum Testamentsvollstrecker widerrief und als neuen Testaments-vollstrecker einen Rechtsanwalt bestimmte.

Ersatzweise sollte das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker bestimmen der allerdings ebenfalls nicht dem Kreis der Kinder angehören sollte. Die Ehefrau ordnete dann auch noch eine Testamentsvollstreckervergütung nach den Empfehlungen des Deutschen Notarverein an. Überdies bestimmte sie für den Fall, dass der Austausch der Person des Testamentsvollstreckers unwirksam sein sollte, dass die gesamte Anordnung der Testamentsvollstreckung aufgehoben werden solle.

Nach dem Tod der Ehefrau nahm der von ihr bestimmte Testamentsvollstrecker das Amt an und beantragte ein Testamentsvollstreckerzeugnis. Dagegen wandten sich die Kinder 2 und 3 der Eheleute mit der Begründung, dass die Erblasserin zum Zwecke der Aushöhlung des Nachlasses gerade den jetzt bestellten Testamentsvollstrecker eingesetzt habe. Es lägen auch Anhaltspunkte vor, dass der Testamentsvollstrecker diesem Wunsch folgen würde. 

Weiterhin stelle die Auswechslung der Person des Testamentsvollstreckers eine beeinträchtigende Verfügung gegenüber den im gemeinschaftlichen Testament bedachten Erben dar.

 

Entscheidung des Nachlassgerichtes

Das Nachlassgericht kündigte dann an, das Testamentsvollstreckerzeugnis erteilen zu wollen. 

Es führte aus, dass die einseitige Benennung der Ehefrau eines Testamentsvollstreckers nicht den wechselbezüglichen Anordnungen des gemeinschaftlichen Testaments widerspreche, die Wechselbezüglichkeit beziehe sich nicht auf die Einsetzung der Person des Testamentsvollstreckers. Es sei bei dem gemeinschaftlichen Testament nicht erkennbar, dass sich die Wechselbezüglichkeit auch auf die Person des eingesetzten Testamentsvollstreckers beziehe, da die Ehegatten ja zum Teil unterschiedliche Personen eingesetzt hätten.

Die pauschale Unterstellung einer Ausfüllung des Nachlasses entbehre jeder Grundlage.

Hiergegen legte Kind  2. Beschwerde ein.

Das erstinstanzliche Gericht half der Beschwerde mit den bisher genannten Gründen nicht ab.

 

Entscheidung OLG

Das OLG gab der Beschwerde statt.

  • Die Vorwürfe der Parteilichkeit waren für die Entscheidung unbeachtlich.
  • Die jeweilige Einsetzung der Kinder als Erben war für beide Ehegatten wechselbezüglich und bindend. Dies war ausdrücklich angeordnet.
  • Die Ehefrau durfte damit keine weitere letztwillige Verfügung treffen, die die Erbeinsetzung der Kinder in irgendeiner Form beeinträchtigte.In jeder Beeinträchtigung liegt ein unzulässiger Widerruf der weitergehenden Schlusserbeneinsetzung.
  • Die nachträglich einseitig verfügte Berufung eines anderen Testamentvollstreckers war eine unzulässige Beeinträchtigung.Nach Ansicht des OLG ergibt sich die Beeinträchtigung durch die mit dem Austausch des Testamentsvollstreckers verbundene Vergütungsregelung. Im gemeinschaftlichen Testament war der überlebende Ehemann oder der Sohn als Testamentsvollstrecker vorgesehen und die Aufgabe sollte unentgeltlich ausgeübt werden.Der spätere von der Ehefrau vorgesehene Testamentsvollstrecker sollte jedoch nach den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins eine Vergütung erhalten.
  •  Grundsätzlich ist zwar eine gemeinschaftlich getroffene Regelung zur Testamentsvollstreckung niemals wechselbezüglich.Unzulässig ist die Änderung einer Regelung, die nicht wechselbezüglich ist, aber auch dann, wenn damit eine Beeinträchtigung der wechselbezüglichen Schlusserbeneinsetzung einhergeht.Die Beeinträchtigung ergab sich hier durch die Vergütungsanordnung.
  •  Das OLG war der Auffassung, dass hier nicht nur eine wirtschaftliche Beeinträchtigung durch die Neuregelung der Testamentsvollstreckung geschaffen wurde, die möglicherweise unschädlich gewesen wäre, sondern auch eine rechtliche Belastung.Die unzulässige Belastung folgt aus der Begründung eines Anspruchs des Testamentsvollstreckers gegen die Schlusserben auf Vergütung.
  •  Auch wenn häufig Testamente dahingehend ausgelegt werden können, dass bei Wegfall des benannten –kostenfreien- Testamentsvollstreckers das Nachlassgericht einen Ersatztestamentsvollstrecker benennen darf, der eine Vergütung erhält, so war hie die Situation so, dass nicht ein Ersatztestamentsvollstrecker benannt werden sollte, sondern ein Austausch des zunächst benannten Testamentsvollstreckers stattfinden sollte. Diese Änderung war unzulässig.
  •  Daher war auch die Verfügung der Ehefrau, dass das Nachlassgericht im Zweifelsfall einen Testamentsvollstrecker bestimmen solle, unwirksam, weil auch das Nachlassgericht einen professionell tätigen Testamentsvollstrecker auszuwählen hatte, der das Amt nur gegen Vergütung ausübt.

 

Es blieb daher nur noch die ersatzweise Anordnung des gänzlichen Wegfalls der Testamentsvollstreckung, die aber ohne weiteres zulässig war, da für die Schlusserben damit keine Beeinträchtigung einherging.

Mithin war die Anordnung der Testamentsvollstreckung insgesamt entfallen, so dass die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses auch nicht erfolgen durfte.

 

Expertentipp von Fachanwalt für Erbrecht Stephan Konrad:

 

Bei einseitiger Änderung bindend gewordener Testamente müssen auch Anordnungen, die auf den ersten Blick keine Wechselbezüglichkeit aufweisen, immer genauestens dahingehend überprüft werden, ob die Änderung nicht doch unwirksam ist, weil sie beispielsweise den Schlusserben beeinträchtigt. Nur Regelungen, die auch indirekt keine wechselbezügliche Wirkung haben, können geändert werden.



Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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