10.05.2022
Entlassung des Testamentsvollstreckers bei Nichtabführung der Erbschaftssteuer

Pflichten und Rechte des Testamentsvollstreckers

Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker, weil dieser die ihm obliegenden Verpflichtungen als Testamentsvollstrecker nicht ordnungsgemäß ausführt und erledigt. Zu einer der zentralen Aufgaben des Testamentsvollstreckers zählt unter anderem auch die Abgabe der Erbschaftssteuererklärung und die Abführung der Erbschaftssteuer an das Finanzamt.

 

Die Abgabe der Erbschaftssteuererklärung und Abführung der Erbschaftssteuer zählen zu den zentralen Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers

Als Sonderregelung bestimmt § 31 Abs. 5 ErbStG: Ist ein Testamentsvollstrecker vorhanden, so ist die Steuererklärung von diesem abzugeben. Mit dieser Regelung macht sich der Gesetzgeber die bürgerlich-rechtlichen Befugnisse des Testamentsvollstreckers zunutze. Daraus folgt, immer wenn ein Testamentsvollstrecker vorhanden ist, hat er die Erbschaftsteuererklärung abzugeben. Aber: Häufig ist der Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers nicht umfassend, sondern auf die Ausführung bestimmter Anordnungen und für bestimmte Personen beschränkt. Es war lange streitig, wie weit die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung in diesen Fällen ging. Durch zwei BFH-Urteile vom 14. 11. 1990 ist diese Frage geklärt. Da § 31 Abs. 5 ErbStG lediglich auf den durch das bürgerliche Recht (§§ 2197 ff. BGB) bestimmten Begriff des Testamentsvollstreckers zurückgreift, kann sein Aufgabenkreis erbschaftsteuerrechtlich nicht über den Rahmen hinausgehen, der durch das bürgerliche Recht gesetzt ist. Das heißt, dass sich die Erklärungspflicht des Testamentsvollstreckers nur auf die Personen erstreckt, für deren Erwerb er eingesetzt ist und nur auf die von ihm verwalteten Teile des Nachlasses. So muss ein Vermächtnisnehmer seinen Erwerb selbst erklären, auch wenn die Vermächtniserfüllung durch den Testamentsvollstrecker erfolgt. Nur eine weitergehende Verwaltung des Testamentsvollstreckers führt zu seiner Erklärungspflicht. Der Grundgedanke dieser Rechtsprechung ist: Wenn der Testamentsvollstrecker als Erklärungspflichtiger an die Stelle des Erwerbers tritt, kann seine Verpflichtung nicht weitgehender sein als die des Erwerbers ohne die Testamentsvollstreckung wäre.

Die Nichtabführung der Erbschaftssteuer kann für den Testamentsvollstrecker gravierende Folgen haben. So hat das Oberlandesgericht Naumburg in einem Beschluss vom 23.2.2021 (Az.: 2 Wx 31/20) festgestellt, dass die fehlende Entrichtung der Erbschaftssteuer nach etwa fünfeinhalb Jahren eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers darstellt, die dessen Entlassung rechtfertigt.

In dem zu entscheidenden Fall setzen sich die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament auf den ersten Todesfall zu Alleinerben ein und bestimmten Ihre beiden Kinder auf den Schlusserbfall zu hälftigen Miterben. Zugleich bestimmten sie verschiedene Vermächtnisse, teilweise unter Auflagen, und ordneten Testamentsvollstreckung an. Der Testamentsvollstrecker hat das Amt angenommen, es wurde ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt. Nach etwa fünfeinhalb Jahren hat der Testamentsvollstrecker das Erbschaftssteuerverfahren immer noch nicht abgeschlossen, weswegen im Nachlass noch immer Rückstellungen für diese Steuerlast vorgenommen werden mussten, was einer Gesamtabwicklung der Sache entgegenstand. Der Testamentsvollstrecker vermochte nicht nachvollziehbar zu erklären, weswegen die Erbschaftssteuererklärung noch immer nicht vollständig abgegeben werden konnte bzw. was einer endgültigen Steuerfestsetzung im Wege steht. Diese und a weitere Pflichtverletzungen hat das Nachlassgericht zum Anlass genommen den Testamentsvollstrecker auf Antrag der Erben zu entlassen.

 

Es drohen die Entlassung des Testamentsvollstreckers, Verlust der Vergütungsansprüche und Schadensersatzansprüche

Die Entlassung des Testamentsvollstreckers mag für diesen möglicherweise noch zu verkraften sein, sieht man einmal davon ab, dass er unter Umständen seine Vergütungsansprüche ganz oder teilweise verlieren kann. Durch die Nichtabführung der Erbschaftssteuer können sich aber noch andere haftungsrechtliche Konsequenzen für den Testamentsvollstrecker ergeben, die wesentlich gravierender sind. Führt dieser nämlich die Erbschaftssteuer nicht ab und kann die Erbschaftssteuer auch bei den Erben nicht mehr beigetrieben werden, weil diese die Erbschaft möglicherweise bereits verbraucht haben, so haftet der Testamentsvollstrecker persönlich für die Steuern.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Florian Enzensberger mit Geschäftssitz in Weilheim/Obb. und Garmisch-Partenkirchen gibt hierzu folgenden Expertentipp:

Testamentsvollstreckungen können durchaus im Hinblick auf die zu erwartende Vergütung reizvolle und interessant sein, gerade bei höherem Nachlassvermögen. Diese Honorarerwartung blendet viele Laien bei Übernahme einer Testamentsvollstreckung. Übersehen wird dabei häufig, dass eine Testamentsvollstreckung auch mit ganz erheblicher Arbeit verbunden ist und umfangreiche Pflichten beinhaltet. Die mit einer Testamentsvollstreckung einhergehenden Verpflichtungen sind gerade einem Laien häufig nicht bewusst. In einem späteren Entlassungsverfahren oder Schadenersatzprozess kann er sich aber auf die Unwissenheit nicht berufen. Die Rechtsprechung verlangt von dem Testamentsvollstrecker, dass er sich umfassend über seine Rechte und Pflichten informiert, um eine ordnungsgemäße Abwicklung der Testamentsvollstreckung zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund kann jedem Laien, der mit einer Testamentsvollstreckung noch nie zu tun hatte, nur wärmstens empfohlen werden einen auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren, der ihm die Pflichten und Rechte eines Testamentsvollstreckers offenlegt und ihn gegebenenfalls durch das Verfahren führt. Anderenfalls kann es passieren, dass der Testamentsvollstrecker aus dem Amt entlassen wird, seine Vergütungsansprüche verliert und gegebenenfalls noch mit Schadenersatzansprüchen konfrontiert wird. Eine Testamentsvollstreckung kann zwar einerseits finanziell durchaus lukrativ sein, andererseits aber auch mit viel Arbeit verbunden und auch haftungsträchtig sein.

 

Florian Enzensberger, Fachanwalt für Erbrecht, Weilheim in Oberbayern und Garmisch-Partenkirchen



Erstellt von: Florian Enzensberger - Fachanwalt für Erbrecht, Weilheim

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