12.07.2022
Das Vertrauen des Erblassers in den von ihm ernannten Testamentsvollstrecker

Die drei Voraussetzungen für die Entlassung eines Testamentsvollstreckers

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 07.10.2021 – 3 Wx 59/21 – in einem Beschwerdeverfahren über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers zu entscheiden.

Nach § 2227 Abs. 1 BGB liegt ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers vor, wenn die Gründe für eine Entlassung aus dem Amt solches Gewicht haben und dies rechtfertigen, dass eine Fortsetzung nicht mehr stattfinden soll.

Abwägung der Interessen

Dabei ist bei der Prüfung eines wichtigen Grundes zwischen dem Interesse an der Beibehaltung im Amt und dem entgegengesetzten Interesse an der Entlassung abzuwägen.

Voraussetzungen für wichtigen Grund für Entlassung des Testamentsvollstreckers

Ein wichtiger Grund im Sinne von § 2227 BGB setzt dreierlei voraus:

  1. Die zur Last gelegte Pflichtverletzung muss geeignet sein, die berechtigten Belange des antragstellenden Miterben, namentlich die mit seiner Miterbenstellung verbundenen Vermögensinteressen zu beeinträchtigen.
  2. Die Pflichtverletzung muss zudem schuldhaft begangen worden sein (BGH, NJW 2017, 2112) und über dies ein solches Gewicht besitzen, dass sie nach konkreten Umständen des Falles als eine grobe Verfehlung betrachtet und wertungsmäßig der Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers zu einer ordnungsgemäßen Ausübung seines Amtes auf eine Stufe gestellt werden kann.
  3.  Die Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Erblassers muss schließlich zu dem Ergebnis führen, dass der Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entfernt werden muss.

Unter Berücksichtigung dieser drei Voraussetzungen teilt das Oberlandesgericht Düsseldorf mit, dass im Einzelfall die Anwendung dieser Grundsätze dazu führen kann, dass eine Entlassung aus dem Testamentsvollstreckeramt nur dann verlangt werden kann, wenn der Testamentsvollstrecker bei der Verwaltung und Auseinandersetzung des gesamthänderisch gebundenen Nachlasses zum Nachteil des Antragstellers und in einem Maße grob pflichtwidrig gehandelt hat, dass diesem ein weiteres Tätigwerden des Testamentsvollstreckers nicht zugemutet werden kann.

Pflichtverletzungen des Testamentsvollstreckers lagen vor

Im vorliegenden Fall wurde dem Testamentsvollstrecker verschiedene Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Transaktionen vom Konto der Erbengemeinschaft sowie weitere Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Tilgung der Erbschaftsteuer angelastet. In seiner Begründung erlaubt sich der erkennende Senat des Oberlandesgerichts die Darstellung von Textpassagen aus Schriftsätzen des Verfahrensbevollmächtigten einer der fünf Beteiligten am Verfahren und teilt mit, dass diese bei ständiger Betrachtung den Vorwurf der strafbaren Rechtsbeugung gegen die beteiligten Senatsmitglieder enthalte.

Es wird dabei mitgeteilt, dass der Senat diesen Schriftsatz den zuständigen Stellen zur Prüfung einer strafrechtlichen und standesrechtlichen Relevanz zuleiten wird. Dies ist in dieser Darstellungsweise sehr außergewöhnlich, aber auf jeden Fall im Rahmen des rechtlich Erlaubten seitens des Senats.

Voraussetzungen für Testamentsvollstreckerentlassung lagen nicht vor

Zur Zurückweisung des Testamentsvollstreckerentlassungsantrages teilt der Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf mit, dass unter den drei genannten Voraussetzungen die angeführten Gründe weder einzeln noch in der Gesamtschau eine Entlassung des Testamentsvollstreckers aus dem Amt des Testamentsvollstreckers bedingen.

Beim vorliegenden Nachlasswert von € 30 Mio. dingt die besondere Vertrauensstellung, die der Erblasser dem Testamentsvollstrecker entgegengebracht hat, den Schluss, dass nicht jede Pflichtverletzung zur Abberufung des Testamentsvollstreckers führen kann. Es wird dabei auch mitgeteilt, dass die Handlungen des Testamentsvollstreckers im Bezug auf die Pflichtwidrigkeit einer Ex-ante Sichtweise und Bewertung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Handlung unterliegen. Im vorliegenden Fall hat der Testamentsvollstrecker durch seine Handlungen nicht den Miterbenanteil der Antragstellerin Ziffer 2 gefährdet.

Unter den vorgenannten Grundsätzen wird der Antrag auf Entlassung zurückgewiesen.

Anmerkung Fachanwalt für Erbrecht Thomas Maulbetsch

Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellt schulbuchmäßig die hohen Voraussetzungen für die Entlassung eines Testamentsvollstreckers dar. Es wird vielfach in diesem Bereich durch die Miterben vorschnell ein Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers gestellt, obwohl die Voraussetzungen nicht vorliegen.

Es muss als Erbe bzw. Miterbe immer beachtet werden, dass der Erblasser bei der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers sich immer etwas gedacht hat. Im Regelfall geht es um die Arbeitsentlastung der Erben oder auch um eine Streitvermeidung innerhalb der Miterben bei der Abwicklung der Erbengemeinschaft.

Auf der anderen Seite unterliegt der Testamentsvollstrecker natürlich strengen Regularien, die er einzuhalten hat. Es kann deshalb nur jedem Testamentsvollstrecker geraten werden, bei der Abwicklung des Nachlasses bzw. Verwaltung die Erben „mit ins Boot zu nehmen“, um damit Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker zu verhindern.



Erstellt von: Thomas Maulbetsch - Fachanwalt für Erbrecht, Obrigheim

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