Grund zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers
Goldkette als Grabbeigabe
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass ein Testamentsvollstrecker nicht nach § 2227 BGB entlassen werden kann, wenn er lebzeitigen Aufträgen des Erblassers Vorrang vor Vermächtnisanordnungen gibt, wenn er dabei nicht schuldhaft handelt.
Der Leitgedanke des Oberlandesgerichts
Der Testamentsvollstrecker darf grundätzlich Aufträge, die der Erblasser zu Lebzeiten noch veranlasst, einen Vorrang gegenüber Vermächtnisanordnungen einräumen. Es handelt sich dabei nicht um einen objektiv pflichtwidrigen Verstoß gegen die Pflichten als Testamentsvollstrecker, die seine Entlassung nach § 2227 BGB rechtfertigen können.
Der entschiedene Sachverhalt
Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann hatten in einem gemeinschaftlichen Testaments ihre drei Kinder als Erben eingesetzt und bestimmt, dass den gesamten Schmuck der Erblasserin die Tochter als Vermächtnis erhalten sollte. Zudem war im Testament Testamentsvollstreckung angeordnet und einer der Söhne zum Testamentsvollstecker eingesetzt.
Nach dem Tod der Erblasserin einigten sich die Geschwister darauf, dass die Eheringe der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes mit in den Sarg gelegt werden sollten. Daraufhin veranlasste der Testamentsvollstrecker, dass die Ringe zusammen mit der Goldkette, an der die Eheringe befestigt waren, als Grabbeigabe in den Sarg der Erblasserin gelegt wurden. Dies geschah nach Angaben des Testamentsvollstreckers auf Wunsch der Erblasserin, den sie kurz vor ihrem Tod ihm gegenüber geäußert haben soll.
Die Miterben verlangten daraufhin die Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen grober Pflichtverletzung.
Da die Goldkette mit einem geschätzten Wert von 5.000 € als Grabbeigabe in den Sarg gelegt wurde, schmälere dies den Nachlass und verhindere, dass die Tochter der Erblasserin dem Vermächtnis entsprechend den gesamten Schmuck erhält.
Das Nachlassgericht wies den Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zurück. Das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte mit seinem Urteil vom 14.12.2023 die Entscheidung des Nachlassgerichts.
Das Gericht befand, dass keine grobe Pflichtverletzung vorlag, da der Testamentsvollstrecker in dem Glauben gehandelt habe, einem letzten Wunsch der Erblasserin nachzukommen. Es konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass er gegen seine Pflichten als Testamentsvollstrecker verstoßen habe.
Die tragenden Gründe der Entscheidung
Nach den Grundsätzen der rechtfertigenden Pflichtenkollision durfte der Testamentsvollstrecker Aufträge, die zu Lebzeiten erteilt wurden, vorrangig vor den Pflichten als Testamentsvollstrecker ausführen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Erblasserin vor ihrem Tod noch das Beigeben der Kette gewünscht hatte, es sei somit in jedem Fall keine grobe Pflichtwidrigkeit gegeben.
Selbst wenn es keinen Auftrag der Erblasserin gegeben hätte, so wäre dennoch nicht von einer groben Pflichtverletzung auszugehen. Diese erfordere eine objektiv erhebliche und subjektiv schuldhafte Komponente. An der objektiven Erheblichkeit mangele es bei einem Aktivnachlass von etwa 950.000 €, wenn über eine Kette mit geschätztem Wert von 5.000 € gestritten wird. Subjektiv sei nicht ersichtlich, dass der Testamentsvollstrecker schuldhaft gehandelt haben soll.
Er handelte nicht eigennützig, vielmehr schien er sich dem Wunsch der Erblasserin verpflichtet zu fühlen. Sollte der Sohn tatsächlich eine Fehleinschätzung des Willens seiner Mutter vorgenommen haben, so handele er jedoch lediglich leicht und nicht grob fahrlässig, da die Kette mit den Ringen zusammen als Einheit wahrgenommen werden konnte. Weiterhin spreche für seinen guten Glauben, dass er den Verbleib der Kette im Nachlassverzeichnis offenlegte und nicht verheimlichte.
Praxishinweis für Sie
Um Streitigkeiten zu vermeiden, ist eine genaue Dokumentation von Wünschen bezüglich des Nachlasses unabdingbar. Was nicht schriftlich festgehalten wird, kann zwischen den Erben zu langwierigen und kostenintensiven Streitigkeiten führen.
Fundstelle
Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 14.12.2023 – Az 21 W 120/23
Erstellt von: Martina Klose - Fachanwalt für Erbrecht, Jena
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