26.01.2025
Erbauseinandersetzung durch Testamentsvollstrecker bei Immobilien im Nachlass

Miterbe kann Versteigerung verlangen

Zu den wichtigsten Aufgaben des Testamentsvollstreckers gehört es, nach Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten die Anordnungen des Erblassers im Testament auszuführen, d.h. die Vermächtnisse zu erfüllen und danach den verbleibenden Nachlass unter den Miterben entsprechend den Erbquoten aufzuteilen, die sogenannte Nachlassauseinandersetzung.

Streitfall Nachlassauseinandersetzung bei Immobilien im Nachlass

Bei dieser kommt es oft zu Streit, wenn im Nachlass nicht nur Geldvermögen, sondern auch Immobilien vorhanden sind und sich die Erben nicht einig sind, wer die Immobilie übernimmt bzw. zu welchem Preis. Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, scheint dieses Problem nicht zu bestehen, da vielfach die Meinung besteht, dieser könne die Frage statt der Erben entscheiden. Das OLG Saarbrücken hat unlängst zu Recht entschieden, dass das nicht der Fall ist, wenn nicht dem Testament eine entsprechende Befugnis des Testamentsvollstreckers zu entnehmen ist (OLG Saarbrücken vom 16.11.2022 – 5 U 11/22).

Testamentsvollstrecker wollte Immobilie zum Verkehrswert zuteilen

Im Fall des OLG hatten die beiden Testamentsvollstrecker, die zugleich Miterben waren, einen Teilungsplan aufgestellt, gegen den sich der dritte Miterbe (im Wege der einstweiligen Verfügung) zur Wehr setzte. Der Teilungsplan sah vor, dass im Rahmen der Erbauseinandersetzung ein Nachlassgrundstück an die beiden Testamentsvollstrecker selbst gegen Anrechnung des gutachterlich festgestellten Verkehrswertes übertragen werden soll. Und hiermit war der dritte Miterbe nicht einverstanden, der das Grundstück selbst haben wollte. Das OLG gab ihm recht, da die Testamentsvollstrecker grundsätzlich verpflichtet seien, die Nachlassauseinandersetzung nach den gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen.

Gesetz sieht bei Immobilien verpflichtend Teilungsversteigerung vor

Diese sehen in § 2042 Abs. 2 BGB i.V.m. § 753. S. 1 BGB ausdrücklich vor, dass Immobilien im Nachlass durch Teilungsversteigerung zu versilbern und dann der Erlös unter den Miterben zu verteilen ist. Und hiervon dürfe der Testamentsvollstrecker nur abweichen, wenn der Erblasser ihm diese Befugnis im Testament eingeräumt habe. Ob das der Fall sei, müsse (wie bei jedem Testament) durch Auslegung ermittelt werden.

Abweichende Anordnung im Testament möglich, aber auch nötig

Im konkreten Fall ließ es das OLG nicht genügen, dass die Testamentsvollstrecker vorbrachten, der Erblasser habe den Grundbesitz in der Familie halten wollen. Auch dass die Testamentsvollstrecker nach dem Testament vom Verbot des § 181 BGB befreit waren, also Verträge als Testamentsvollstrecker mit sich selbst (z.B. als Miterbe) abschließen durften, sah das OLG nicht als ausreichende Ermächtigung an, von den gesetzlichen Regelungen abzuweichen.

Versteigerungsgrundsatz gilt in allen Konstellationen und auch für Hausrat, Schmuck, etc.

In gleicher Weise wäre es den Testamentsvollstrecker übrigens verboten gewesen, das Grundstücke an einen Miterben zu übertragen, der nicht selbst Testamentsvollstrecker ist. Auch auf die Frage, ob der dritte Miterbe das Grundstück selbst erwerben wollte, kam es dem Gericht nicht an. Und die Pflicht zur Versteigerung gilt nicht nur Grundstücke, sondern für alle nicht teilbaren Gegenstände (z.B. Hausrat, Bilder, Schmuck, etc.), spielt nur bei diesen Gegenständen in der Praxis häufig keine so große Rolle.

Praxistipp: Das Urteil ist richtig und entspricht auch der obergerichtlichen Rechtsprechung (z.B. OLG Karlsruhe vom 12.01.1994 – 1 U 92/93; OLG Hamburg v. 22.8.2023 – 2 U 5/19), seine Folgen werden aber in der Praxis nicht immer beachtet:

  • Bei der Testamentsgestaltung ist dringend zu überlegen, ob der Testamentsvollstrecker berechtigt sein soll, einzelne Gegenstände gegen Anrechnung des Wertes auf einen Miterben zu übertragen. Dann muss das im Testament ausdrücklich angeordnet werden, mindestens durch eine Formulierung wie: „Der Testamentsvollstrecker ist befugt, den Nachlass nach seinem Ermessen unter den Miterben auseinanderzusetzen“. Besser noch ist es, die Befugnisse des Testamentsvollstreckers bzw. ihre Grenzen ausdrücklich im Testament zu regeln.
  • Nach dem Erbfall muss der Testamentsvollstrecker, dem eine Abweichung von den gesetzlichen Regeln im Testament nicht gestattet ist, streng nach dem Gesetz vorgehen, d.h. den gesamten Nachlass versilbern. Nur wenn alle Erben zustimmen, kann er Nachlassgegenstände unter Anrechnung des Wertes an Miterben verteilen. Ihm ist also regelmäßig zu empfehlen, von Beginn seiner Tätigkeit auf eine einvernehmliche Abwicklung mit den Erben – und nicht gegen sie – hinzuwirken.

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Erstellt von: Sebastian Höhmann - Fachanwalt für Erbrecht, Berlin

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