Auskunftspflicht des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten trotz Testamentsvollstreckung
Wer muss gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft erteilen, wenn ein Testamentsvollstrecker eingesetzt ist?
Setzt der Erblasser einen Erben ein und ordnet Testamentsvollstrecker an, geht mit dem Erbfall nach § 857 BGB zunächst der Besitz auf den Erben über. Hieran ändert auch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung nichts. Macht der Testamentsvollstrecker dann von dem ihm in § 2205 S. 2 BGB eingeräumten Recht zur Inbesitznahme Gebrauch und erlangt er die tatsächliche Sachherrschaft über den Nachlass (§ 854 I BGB), wird der Testamentsvollstrecker unmittelbarer Besitzer. Der Erbe ist dann nur noch mittelbarer Besitzer (§ 868 BGB). Es fragt sich, ob er deswegen gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten nicht mehr zur Auskunft verpflichtet ist, da er sozusagen vom Testamenstvollstrecker zwangsläufig vertreten wird, ob er nun will oder nicht.
Nach § 2314 BGB ist nur der Erbe verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft in Gestalt eines Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Er kann sich dabei auch nicht darauf berufen, dass er nur mittelbarer Besitzer ist und deswegen nicht zur Auskunft in der Lage und deswegen verpflichtet ist, wie der BGH in seiner Entscheidung vom 15.1.2025 in dem Verfahren IV ZR 166/24 entschieden hat. Ob und inwieweit der Erbe tatsächlich Auskunft erteilen kann, sei eine Frage der Erfüllung und ggf. im Rahmen der Vollstreckung eines Urteils zu klären.
Letztlich bestätigt das Urteil die gesetzliche Regelung des § 2213 I 3 BGB, dass der Pflichtteil als solches vom Pflichtteilsberechtigten nur gegenüber dem Erben und nicht dem Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden kann. Die Pflicht zur Auskunftserteilung, Wertermittlung und Zahlung trifft also grundsätzlich den Erben. An diesen muss sich der Pflichtteilsberechtigte halten. Eine Testamentsvollstreckung ändert daran nichts. Eine gegen den Testamentsvollstrecker gerichtete Klage des Pflichtteilsberechtigten wäre abzuweisen.
Beispiel: Der Erblasser E setzt seine Tochter T zur Alleinerbin ein und ordnet Testamentsvollstreckung an. Steuerberater S wird zum Testamentsvollstrecker eingesetzt und nimmt das Amt an. Der enterbte Sohn PB kann sich wegen seiner Pflichtteilsansprüche nicht nicht an den Testamentsvollstrecker S halten, obwohl er den Nachlass in Besitz hat, dessen Bestand kennt und darüber als Einziger verfügen kann. Vielmehr muss sich PB an seine Schwester T als Erbin wenden, auch wenn diese selber keinen unmittelbaren Zugfriff auf den Nachlass hat und sie auf die Auskunft des S angewiesen ist. Sie muss dann ihrerseits die erforderlichen Auskünfte vom Testamentsvollstrecker einfordern, um ihre Auskunftspflicht erfüllen zu können. Eine Klage des PB gegen den Testamentsvollstrecker S wäre mangels Anspruch abzuweisen.
Erstellt von: Armin Abele - Fachanwalt für Erbrecht, Reutlingen
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