Verwaltung des Nachlasses

Durch welche Umstände wird die Verwaltung des Nachlasses bestimmt?

Die Bestandsaufnahme und Konstituierung des Nachlasses ist die Grundlage für die weitere Tätigkeit des Testamentsvollstreckers. Auf dieser „Basis“ hat er seine Tätigkeit zu stützen und sie danach auszurichten. Die Konstituierung des Nachlasses gibt vor, welche Verwaltungstätigkeiten letztendlich bis zur Auseinandersetzung auszuüben sind.

Welche Grundsätze gelten für die Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker?

Der Testamentsvollstrecker muss den Nachlass ordnungsgemäß verwalten, §§ 2205 S. 1, 2216 I BGB. Dasjenige, was ihm der Erblasser in seinem Testament vorgibt (sog. Verwaltungsanordnungen), muss er dabei befolgen (§ 2216 II 1 BGB), es sei denn, das Nachlassgericht setzt diese Verwaltungsanordnungen außer Kraft. In der Regel gibt der Erblasser keine Anordnungen für die Verwaltung des Nachlasses bis zu seiner Auseinandersetzung vor. Die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers hängt dann vom Zweck der Anordnung der Testamentsvollstreckung sowie den Umständen des Einzelfalls ab. Von der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht befreien, § 2220 BGB. Insoweit bleibt der Testamentsvollstrecker den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung unterworfen.

Der Testamentsvollstrecker hat somit in aller Regel allein das Recht, seine Verwaltungsmaßnahmen selbst zu bestimmen. Der Erblasser kann dieses Recht jedoch durch Vorgaben in seinem Testament beschneiden. Ein solches Recht steht hingegen den Erben nicht zu, da diese dem Testamentsvollstrecker keine Weisungen erteilen können. Das Nachlassgericht prüft ebenfalls nicht, ob der Testamentsvollstrecker seine Tätigkeit ordnungsgemäß ausübt; diese „Aufsichtspflicht“ obliegt ausschließlich den Erben.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Damit der Erblasser seine Anordnungen nach seinem Tode durch den Testamentsvollstrecker genau umgesetzt bekommt, sollte er klare und eindeutige Anordnungen zur Verwaltung des Nachlasses machen. Bloße Bitten oder Wünsche sollte er im Testament nicht aufnehmen, andernfalls der Testamentsvollstrecker nicht genau weiß, ob diese Anordnungen für ihn verbindlich sind oder nicht.

Ist die Auslegung einer solchen Anordnung zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker streitig, kann diese Frage nur im Rahmen einer Feststellungsklage vor dem allgemeinen Prozessgericht geklärt werden.

Was ist zu tun, wenn der Erblasser keine genauen Vorgaben für die Verwaltung des Nachlasses vorgab?

Hat der Erblasser keine Vorgaben an den Testamentsvollstrecker über die Art und Weise der Verwaltung des Nachlasses gemacht, entscheidet hierüber der Testamentsvollstrecker allein. Er muss dann über folgende Maßnahmen eigenverantwortlich tätig werden:

  • Maßnahmen zur Erhaltung, Sicherung, Nutzung und Vermehrung des verwalteten Nachlasses,

  • das Eingehen von Verpflichtungen bzw. Verbindlichkeiten,

  • den Erwerb von Sachen und/oder Rechten,

  • den Abschluss von Verträgen,

  • die Verfügung über Nachlassgegenstände,

  • das Führen von Prozessen,

  • alle Maßnahmen tatsächlicher Art.

Wann sind Maßnahmen des Testamentsvollstreckers „ordnungsgemäß“?

Ob eine Entscheidung des Testamentsvollstreckers zu einzelnen Verwaltungsmaßnahmen ordnungsgemäß ist oder nicht, hängt zunächst von objektiven Kriterien ab. Vorrangig ist die vom Erblasser im Testament festgelegte Aufgabe des Testamentsvollstreckers der Maßstab. Dem Testamentsvollstrecker steht zur Umsetzung seiner Aufgaben ein Ermessensspielraum zu, um Eigeninitiative zuzulassen. Ein ordnungsgemäßes Handeln des Testamentsvollstreckers liegt vor, wenn er im Einzelfall wirtschaftlich, vernünftig und aus allgemein nachvollziehbaren Gründen handelt. Hierzu kann auch der Verkauf von Nachlassobjekten zählen, wenn die Veräußerung notwendig ist, um den restlichen Nachlass zu erhalten oder Schulden damit zu tilgen. Ob eine bestimmte Handlung des Testamentsvollstreckers zweckmäßig ist, entscheidet er in alleiniger Verantwortung.

Bei einer Dauertestamentsvollstreckung oder einem unstrukturierten Nachlass (z.B. bei Vorhandensein eines Betriebes im Nachlass oder großen, vielschichtigen Kapitalvermögens), muss der Testamentsvollstrecker unternehmerische Eigeninitiative ergreifen. Den „sichersten Weg“ muss er dabei nicht gehen. Die Rechtsprechung sieht als Leitbild den umsichtigen und soliden, jedoch auch „dynamischen“ Geschäftsführer, welcher die Risiken und Chancen einer Vermögensanlage kalkuliert.

Weil der Testamentsvollstrecker auch spekulative Geldanlagen vornehmen darf (z.B. Umschichtung von Geld in Wertpapiere oder Umschichtung von Aktiendepots), ist er nicht verpflichtet, den Nachlass mündelsicher wie ein Betreuer anzulegen.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Dem umsichtigen Testamentsvollstrecker kann nur empfohlen werden, wichtige Anlageentscheidungen oder Geldumschichtungen, die einen größeren Einfluss auf den gesamten Nachlass haben könnten, erst nach Abstimmung mit den Erben unter Abwägung verschiedener Alternativen vorzunehmen.

Andernfalls haftet der Testamentsvollstrecker gemäß § 2219 BGB im Falle einer schuldhaften Pflichtverletzung wegen der Missachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung auf Schadenersatz. Grobe Pflichtverletzungen können auch seine Entlassung gemäß § 2227 BGB begründen.

Sind die Miterben mit einzelnen Maßnahmen des Testamentsvollstreckers nicht einverstanden oder wollen sie bestimmte Tätigkeiten dem Testamentsvollstrecker „aufzwingen“, können sie ihn auf Vornahme solcher Maßnahmen verklagen. 

Welche Vertragsverhältnisse des Erblassers sollte der Testamentsvollstrecker beenden?

Verträge des Erblassers, die zur Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker nicht fortgeführt werden müssen, sind zu kündigen. War der Erblasser Mieter, so tritt sein Ehegatte gemäß §§ 563, 563 a BGB oder auch ein Familienangehöriger in das Mietverhältnis ein, außer dieser Personenkreis erklärt binnen eines Monats, das Mietverhältnis nicht fortsetzen zu wollen, § 563 III BGB. In diesem Fall wird das Mietverhältnis nach § 564 BGB mit den Erben (also auch bei einer Erbengemeinschaft) ausgesetzt, die dann innerhalb eines Monats außerordentlich kündigen dürfen. Der Testamentsvollstrecker muss also prüfen, ob fortsetzungsberechtigte Personen vorhanden sind und die Mieter fragen, ob sie das Mietverhältnis fortsetzen möchten.

War der Verstorbene Vermieter, ändert sich am Mietverhältnis nichts. Die Erben treten in den Mietvertrag ein, wobei das Mietverhältnis selbst der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt. Mangels Sonderkündigungsrechts gelten die allgemeinen mietrechtlichen Kündigungsfristen.

Gekündigt werden sollten, sofern möglich, auch die Telefon- und Kabelanschlüsse sowie die Verträge über Gas, Strom und die GEZ. Sind Versicherungen, z.B. Gebäudeversicherung, nicht mehr notwendig, sind diese Versicherungsverträge ebenfalls zu kündigen. Dasselbe gilt für Vereinsmitgliedschaften und etwaige Zeitschriften-Abos. 

Wann darf der Testamentsvollstrecker im Namen der Erben Verträge schließen?

Der Testamentsvollstrecker darf zu Lasten des Nachlasses Verträge abschließen, wodurch er natürlich auch Schulden bzw. Verbindlichkeiten zu Lasten der Erbschaft begründet. Das setzt allerdings voraus, dass diese vertraglichen Verpflichtungen zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind.

Ist im Nachlass z.B. eine Immobilie, die leer steht, kann der Testamentsvollstrecker im Rahmen ordnungsgemäßer Tätigkeit einen Mietvertrag abschließen. Der Rechtsverkehr, also der „außenstehende“ Vertragspartner, der einen solchen Vertrag mit dem Testamentsvollstrecker eingeht, steht unter dem Schutz guten Glaubens. Unabhängig davon, ob der Erblasser beispielsweise seine Verpflichtungsbefugnis überschritten hat, bleibt der Vertrag wirksam, wenn der Vertragspartner davon ausgehen durfte, dass der Vertragsabschluss durch den Testamentsvollstrecker zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses gehörte. Die „Kompetenzüberschreitung“ des Testamentsvollstreckers ist somit unschädlich, weil der Vertrag unter diesen Aspekten wirksam bleibt.

Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass der Testamentsvollstrecker nur solche Verträge zu Lasten des Nachlasses abschließen darf, die sich im Rahmen seiner ordnungsgemäßen Verwaltungstätigkeit bewegen. Diese eingeschränkte Verpflichtungsbefugnis wird jedoch gemäß § 2206 I 2 BGB erweitert: Der Vertragsabschluss, der auf die Verfügung über einen Nachlassgegenstand gerichtet ist, ist und bleibt wirksam, wenn der Vollstrecker zu dieser Verfügung berechtigt ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Testamentsvollstrecker einen Nachlassgegenstand verkaufen muss, um mit dem Erlös Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen. Möchte der Erbe nicht, dass der entsprechende Nachlassgegenstand verkauft wird, ist dies für den Testamentsvollstrecker ohne Relevanz, jedenfalls gegenüber dem Vertragspartner. Eine andere Frage ist, ob sich der Testamentsvollstrecker den Erben gegenüber nach § 2219 BGB schadenersatzpflichtig macht, wenn er diesen Weg wählt.

Einen Schenkungsvertrag darf der Testamentsvollstrecker nicht schließen, weil § 2205 S. 3 BGB ihm grundsätzlich untersagt, unentgeltlich über Nachlassgegenstände zu verfügen. Ebenso darf der Testamentsvollstrecker solche Verträge zu Lasten des Nachlasses nicht eingehen, wenn der Erblasser dies in seiner letztwilligen Verfügung ausdrücklich untersagt – und somit die Verpflichtungsbefugnis beschränkt - hat, § 2208 BGB.

Hatte der Verstorbene jedoch in seinem Testament niedergelegt, dass der Testamentsvollstrecker in der „Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass nicht beschränkt ist“, sind auch diejenigen Vertragsabschlüsse durch den Testamentsvollstrecker wirksam, die nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. Im Verhältnis zum Erben kann hier dennoch eine Schadenersatzpflicht gemäß § 2219 BGB bestehen, wenn der Testamentsvollstrecker – trotz eingeräumter Möglichkeit durch das Testament - Dritten gegenüber Verträge abschließt, die nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung unterliegen. Diesbezüglich kann der Erblasser dem Testamentsvollstrecker keine Befreiung erteilen, § 2220 BGB.

Welche Folgen hat es, wenn der Testamentsvollstrecker dies nicht beachtet?

Der Testamentsvollstrecker setzt sich somit gemäß § 2219 BGB der Schadenersatzpflicht den Erben gegenüber aus, wenn er Verträge zu Lasten des Nachlasses abschließt, welche nicht seiner ordnungsgemäßen Verwaltung unterliegen. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Das Risiko, dass er diesen falsch auslegt, trägt der Testamentsvollstrecker selbst. Deshalb steht ihm nach § 2206 II BGB das Recht zu, den Erben zur Einwilligung in das entsprechende Rechtsgeschäft aufzufordern. Kommt der Erbe dem nicht nach, kann der Testamentsvollstrecker auf die entsprechende Erklärung klagen.

Weigert sich z.B. der Erbe, in einen beabsichtigten Mietvertrag einzuwilligen, den der Testamentsvollstrecker zu Lasten einer Nachlassimmobilie abschließen möchte, kann der Testamentsvollstrecker diese Frage vor dem Prozessgericht klären lassen.

Darf der Testamentsvollstrecker die Zusammensetzung des Nachlasses verändern?

Verfügungsgeschäfte sind von den reinen Verpflichtungsgeschäften strikt zu trennen. Ein Verpflichtungsgeschäft stellt den schuldrechtlichen Vertrag und somit den Rechtsgrund dar, über den im Vertrag genannten Gegenstand zu verfügen. Als Verfügung ist jede Veräußerung oder Belastung über den Nachlassgegenstand zu verstehen, wozu auch die Übertragung von Eigentum, Abtretung, Einziehung, Aufrechnung oder der Erlass von Forderung sowie die Ausübung von reinen Gestaltungsrechten (z.B. eine Kündigung) zählen. Immer dann, wenn es zu einer „faktischen Ausgliederung“ oder entsprechenden Belastung eines Nachlassgegenstandes kommt, liegt eine „Verfügung“ vor.

Das Verfügungsrecht steht allein dem Testamentsvollstrecker zu, sodass dieser Rechtsgeschäfte vornehmen darf, durch die ein Recht unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Der Testamentsvollstrecker sollte, um eine Schadensersatzpflicht zu vermeiden, tunlichst darauf achten, dass Verfügungen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.

Wie kann der Testamentsvollstrecker eine Schenkung vornehmen?

Will der Testamentsvollstrecker eine Schenkung vornehmen, ist ihm dies grundsätzlich untersagt. Zwar kann er (wirksam) einen Schenkungsvertrag als Verpflichtungsgeschäft abschließen, herausgeben (also verfügen) aus dem Nachlass zur Erfüllung dieser Schenkungspflicht darf er den Nachlassgegenstand jedoch nicht. Insoweit unterliegt er dem Schenkungsverbot.

Ob eine Schenkung vorliegt, hängt allein davon ab, ob eine gleichwertige Gegenleistung für den aus dem Nachlass ausgegliederten Gegenstand dem Nachlass wieder zufließt. Es ist also ein Vergleich zwischen dem Wert des aus dem Nachlass herausgegebenen Gegenstandes (z.B. eines Grundstücks) und dem dafür dem Nachlass zufließenden Äquivalents anzustellen.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Stimmen jedoch alle Erben (auch Vor- und Nacherben) der beabsichtigten Schenkung durch den Testamentsvollstrecker zu, wird die Schenkung wirksam. 

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