26.10.2005

Geschiedenentestament - Damit der / die Ex nichts erbt

Frage: Was ist ein Geschiedenentestament? Antwort: Als Geschiedenentestament bezeichnet man eine letztwillige Verfügung, durch die verhindert werden soll, dass der geschiedene Ehepartner auf indirektem Wege von dem Erbe profitiert, nämlich auf dem Umweg über die gemeinschaftlichen Kinder. Ein Geschiedenentestament kann auch schon vor der Scheidung errichtet werden. Frage: Wann erbt der getrennt lebende oder geschiedene Ehepartner? Nach der Trennung ist der Ehepartner zunächst unverändert erbberechtigt. Während des Getrenntlebens kann der andere Ehepartner also erben. Wenn man dies verhindern will, muss man ein Testament errichten. Erst dann, wenn das Trennungsjahr abgelaufen ist und man bei Gericht einen Scheidungsantrag gestellt hat oder bei Gericht der Scheidung zugestimmt hat, verliert der Ehepartner sein Erbrecht und sein Pflichtteilsrecht (§ 1933 BGB). Dies gilt erst recht nach der Scheidung. Wobei es auch hier Ausnahmefälle gibt. Frage: Wie kann der geschiedene Ehepartner Erbe werden? Der geschiedene Ehepartner kann indirekt über die gemeinsamen Kinder Erbe werden. Wird kein Testament errichtet, werden die Kinder in der Regel Alleinerben und erhalten das gesamte Vermögen. Wenn aber dann den Kindern etwas zustößt, ohne dass sie eigene Kinder haben, erbt der geschiedene Ehegatte über das Kind das Vermögen seines geschiedenen Ehepartners. Beispiel: Herr Schneider (55) ist geschieden. Seine Tochter (25) ist Studentin. Sie ist ledig und hat keine Kinder. Herr Schneider verstirbt an einem Herzinfarkt und hinterlässt seiner Tochter 500.000,00 €. Kurze Zeit später kommt die Tochter bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben. Die geschiedene Ehefrau des Herrn Schneider wird nun Erbin Ihrer Tochter und erhält die 500.000 Euro, die der Vater der Tochter hinterlassen hat. Frage: Wie lässt sich verhindern, dass der geschiedene Ehepartner Erbe wird? Es ist möglich, durch Testament einen Vorerben und einen Nacherben einzusetzen. Werden die eigenen Kinder lediglich als Vorerben eingesetzt, so ist es möglich, zu bestimmen, wer nach deren Tod Erbe wird, insbesondere lässt sich verhindern dass der geschiedene Ehegatte Erbe wird. Beispielsweise lässt sich durch Testament regeln, dass nach dem Tod des Kindes dessen Kinder (Nach-)Erben werden sollen und dass dann, wenn das Kind bei seinem Tod keine eigenen Kinder hat, eine Person aus der eigenen Familie Erbe werden soll. Dabei wird darauf geachtet, dass die geschiedene Ehefrau immer vom Erbe ausgeschlossen bleibt. Frage: Können die Kinder beim Geschiedenentestament Ihr Pflichtteil verlangen? Ja, auch durch das Geschiedenentestament wird das Pflichtteil der Kinder nicht ausgeschlossen, wenn diese Ihr Erbe ausschlagen. Der Pflichtteil unterliegt dann nicht den Beschränkungen des Geschiedenentestamentes und kann auf den geschiedenen Ehepartner übergehen. Frage: Was ist bei minderjährigen Kindern zu beachten? Wenn minderjährige Kinder vorhanden sind, wird meist der geschiedene Ehepartner nach dem Tod des anderen Elternteils sorgeberechtigt sein. In diesem Fall wird der geschiedene Ehepartner, das Vermögen des Kindes und auch die erhaltene Erbschaft bis zur Volljährigkeit des Kindes verwalten. Diese Verwaltungsbefugnis kann man ausschließen und statt dessen die Vermögensverwaltung einer anderen Person oder einem Pfleger übertragen. Eine Vermögensverwaltung durch den / die Ex lässt sich auch verhindern, wenn man Testamentsvollstreckung anordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstecker die Verwaltung des Nachlasses bis zur Volljährigkeit des Kindes übernimmt. Die Ernennung eines Testamentsvollstreckers sollte man aber vorher mit diesem absprechen und möglichst auch die Frage der Vergütung besprechen. Bei einem kleineren Vermögen kann der Testamentsvollstrecker durchaus aus der Familie stammen, bei größerem Vermögen sollte man auch an professionelle Hilfe (etwa durch einen Rechtsanwalt) denken. Die Testamentsvollstreckung kann mit der Regelung von Vor- und Nacherbfolge in einem Geschiedentestament kombiniert werden. Frage: Was müssen Großeltern beachten, wenn Ihre Kinder geschieden sind? Auch bei Großeltern besteht die Gefahr, dass Ihr Vermögen an das geschiedene Schwiegerkind fällt, insbesondere wenn Sie Ihre Enkelkinder durch Testament bedenken wollen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich auch hier, durch die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft Vorsorge zu treffen. Frage: Empfiehlt sich ein Geschiedenentestament auch für Partner einer auseinandergegangenen nichtehelichen Lebensgemeinschaft? Wenn aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft Kinder hervorgegangen sind, kann der ehemalige Partner Erbe werden, auch wenn man nicht verheiratet war, so dass auch hier über ein Geschiedenentestament nachgedacht werden sollte. Frage: Ich habe gehört, man könne die Kinder, die man mit der Ex habe, zu Vorerben einsetzen und es den Kindern als Vorerben überlassen im eigenen Testament zu bestimmen wer dann die Nacherben sein sollen. Geht das wirklich ? Antwort: Grundsätzlich nicht. Man kann nicht anderen überlassen zu bestimmen, wer Erbe sein soll (§ 2065 II BGB). Im Falle des Geschiedenen-Testamentes wird aber vertreten, dass eine solche Anordnung zulässig sein soll. Sie würde im Testament des geschiedenen Ehepartners etwa lauten: "Nacherben nach dem jeweiligen Vorerben sind die gewillkürten Erben des Vorerben unter Ausschluss meiner geschiedenen, früheren Ehefrau Elke Heidenarm, deren einseitige Abkömmlinge sowie deren Verwandte aufsteigender Linie." Es gibt aber eine Gerichtsentscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (ZEV 2001, 316), die ganz klar sagt, dass eine solche Anordnung gegen das Drittbestimmungsverbot des § 2065 II BGB verstößt und folglich nichtig ist. Diese Entscheidung wird aber von der herrschenden Meinung in der Literatur abgelehnt. Die herrschende Meinung ist also der Auffassung, diese Klausel sei wirksam. Daher sollte man die Klausel verwenden, wenn sie den eigenen Vorstellungen entspricht und sie durch eine weitere Klausel, in der Ersatznacherben benannt werden absichern. Denn eine Ersatznacherbenberufung greift auch dann ein, wenn die ursprüngliche Nacherbenbestimmung nichtig ist. So hat jedenfalls das OLG Stuttgart (BWNotZ 1998, 47) entschieden: "Verfügt der Erblasser durch letztwillige Verfügung, Nacherben seien in erster Linie diejenigen, die der Vorerbe zu seinen Erben einsetze, in zweiter Linie bestimmte, gemeinnützige Institutionen, so würde eine mögliche Unwirksamkeit der in erster Linie angeordneten Nacherbfolge, die Gültigkeit der in zweiter Linie angeordneten Nacherbfolge nicht berühren." Man sollte also die obige Klausel durch eine Ersatznacherbenklausel absichern, z.B: Zu Ersatznacherben sind jeweils in folgender Reihenfolge berufen: 1. die Abkömmlinge des betreffenden Vorerben nach Maßgabe der gesetzlichen Erbregel erster Ordnung 2. meine übrigen Abkömmlinge nach Maßgabe der gesetzlichen Erbregel erster Ordnung 3. diejenigen Personen, die meine gesetzlichen Erben wären, wenn ich im Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls ohne Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben wäre, untereinander nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge Bei dieser Gestaltung kommt der Ersatznacherbe zum Zug, wenn die primäre Nacherbeneinsetzung nichtig sein sollte. Der Vorerbe jedenfalls kann nicht unbeschränkter Vorerbe werden, mit der Gefahr, dass über den Tod des Vorerben = Vollerben dann doch noch die Ex Erbe wird. Tipp: Die Ersatznacherbenberufung sollte nicht ausdrücklich für den Fall der Unwirksamkeit der vorrangingen Nacherbenbestimmung angeordnet werden. Eine solche ausdrückliche Anordnung würde einen Streit zwischen primären Nacherben und Ersatznacherben geradezu provozieren.

Erstellt von: Stephan Konrad - Fachanwalt für Erbrecht, Bielefeld

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