29.12.2022
Verhältnis von postmortaler Vollmacht und Testamentsvollstreckung

Bevollmächtigter versus Testamentsvollstrecker- Wer darf entscheiden?

Testamentsvollstreckung

Zur Umsetzung seiner Wünsche der Nachlassregelung und zur Vermeidung von Streitigkeiten zwischen den Erben kann der Erblasser in seinem Testament Testamentsvollstreckung anordnen und einen Testamentsvollstrecker bestimmen, der seine im Testament angeordneten Festlegungen erfüllt. Durch diese Testamentsvollstreckung wird sichergestellt, dass der letzte Wille auch tatsächlich umgesetzt wird.

Im gesetzlichen Regelfall findet eine Testamentsvollstreckung als Abwicklungsvollstreckung statt. Dabei wickelt der Testamentsvollstrecker den Nachlass nach den Wünschen und Vorgaben des Erblassers ab, insbesondere

-          sichtet er alle Unterlagen und erfüllt die steuerlichen Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen,

-          führt die Korrespondenz mit dem Nachlassgericht,

-          begleicht aus dem Nachlass die Nachlassverbindlichkeiten,

-          verteilt die im Testament angeordneten Vermächtnisse,

-          erfüllt die Auflagen und

-          verteilt den Nachlass unter den Erben.

Im Rahmen der Testamentsvollstreckung übernimmt der Testamentsvollstrecker damit alle notwendigen Tätigkeiten im Rahmen der Nachlassabwicklung.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben nimmt der Testamentsvollstrecker den Nachlass in Besitz, sodass die Erben über die einzelne Nachlassgegenstände nicht verfügen können.

Bevollmächtigung über den Tod hinaus (sog. postmortale Vollmacht)

Zu Problemen bei der Abwicklung führt es aber, wenn der Erblasser parallel zur Anordnung der Testamentsvollstreckung zu Lebzeiten einen Bevollmächtigten eingesetzt hat und diesen beauftragt hat, nach seinem Tod den Nachlass zu regeln.

Diese Bevollmächtigung einer weiteren Person erfolgt meist in einer Vorsorgevollmacht. In dieser bestimmt der Erblasser bereits zu Lebzeiten, dass die bevollmächtigte Person im Falle der Verschlechterung seines Gesundheitszustands für ihn Handlungen vornehmen und Rechtsgeschäfte abschließen kann. Meist wird diese Vollmacht über den Tod hinaus erteilt. Im Gegensatz zu einer transmortalen Vollmacht, bleibt diese postmortale Vollmacht, die schon zu Lebzeiten des Vollmachtgebers erteilt wurde, über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gültig.

Konflikt zwischen Testamentsvollstrecker und Bevollmächtigten

Hat der Erblasser sowohl Testamentsvollstreckung angeordnet und ein Testamentsvollstrecker bestimmt, als auch einen Bevollmächtigten über den Tod hinaus Vollmacht erteilt, treten die Testamentsvollstreckung und die Bevollmächtigung in Konkurrenz. Es stellt sich dann die Frage, wer welche Entscheidungen treffen kann und ob ein Widerruf durch den Testamentsvollstrecker der Bevollmächtigten möglich ist.

Ansätze zur Lösung des Konflikts

Zur Lösung des Konflikts wird in der Rechtsprechung (BGH NJW 1962, 1718; OLG München EZ e.V. 2012,376) vertreten, dass von einem Nebeneinander von Vollmacht und Testamentsvollstreckung auszugehen ist. Nach einer anderen Auffassung soll der Bevollmächtigte nur dann durch die Testamentsvollstreckung nicht eingeschränkt sein, wenn sich dies eindeutig aus dem Testament ergibt. Andere wiederum befürworten den generellen Vorrang des Testamentsvollstreckers vor dem Bevollmächtigten.

Entscheidung des BGH (BGH Beschluss vom 14.9.2022, Az.: IV ZB 34/ 21)

Wie dieser Konflikt aufgelöst werden kann, war u.a. Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 14.9.2022, Az.: IV ZB 34/ 21).

In dieser hatte der BGH über eine Rechtsbeschwerde zu entscheiden, deren Anlass der Streit um die Wirksamkeit einer Antragsrücknahme in einem Gerichtsverfahren war. Die Erblasserin hatte ihre Enkelin eine postmortale Vorsorgevollmacht erteilt. Die Enkelin wurde zudem im Testament als Alleinerben berufen, jedoch mit einer Dauertestamentsvollstreckung bis zu ihrem 25. Lebensjahr beschwert.

Der BGH löste das Konkurrenzverhältnis durch Auslegung. Er entschied, dass das Verhältnis von postmortaler Vollmacht zu einer vom Erblasser angeordneten Testamentsvollstreckung nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall mittels Auslegung der Vollmachtsurkunde und des Testaments unter Berücksichtigung des Erblasserwillens ermittelt werden kann.

Praxishinweis:

Um einen Konflikt zwischen Bevollmächtigten und Testamentsvollstrecker nach dem Tod zu vermeiden, bietet sich an den Testamentsvollstrecker die Möglichkeit einzuräumen, die Vollmacht des Bevollmächtigten zu widerrufen. Es empfiehlt sich daher eine Klausel im Testament, die wie folgt lauten könnte:

„Der Testamentsvollstrecker ist auch zum Widerruf etwaiger durch den Erblasser erteilter trans-bzw. postmortaler Vollmachten ausdrücklich ermächtigt.“

 



Erstellt von: Martina Klose - Fachanwalt für Erbrecht, Jena

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