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21.10.2025
Testamentsvollstrecker – Vergütung – Verwirkung

OLG München zur Rückforderung überhöhter Testamentsvollstreckervergütung – Verjährung als Stolperfalle

Das Oberlandesgericht München hat mit Urteil vom 07. April 2025 (Az. 33 U 241/22) entschieden, dass Vergütungsansprüche des Testamentsvollstreckers wegen unzulässiger und pflichtwidriger Entnahmen aus dem Nachlass gänzlich verwirkt sein können.

RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, erläutert diese Entscheidung:

Der entschiedene Sachverhalt

Die Erblasserin verstarb 2018; kurz darauf folgte der Tod des Ehemanns 2019. Die Erbregelungen erfolgten im Rahmen mehrerer Urkunden und Erbverträge, in denen unter anderem Testamentsvollstreckung angeordnet wurde.

Die Testamentsvollstrecker erstellten 2019 ein Nachlassverzeichnis mit einem Nachlasswert von ca. 8,8 Mio. € und ließen Immobilienbewertungen durch einen externen Sachverständigen durchführen. Für ihre Tätigkeit rechnete der beklagte Testamentsvollstrecker mit Anwendung der sog. Neuen Rheinischen Tabelle eine Vergütung von 117.191,70 € (inkl. Umsatzsteuer) ab und nahm diesen Betrag vom Nachlasskonto.

Die Erben beantragten u.a. die Entlassung des Testamentsvollstreckers (erfolglos) und klagten – zunächst erfolgreich beim LG München II – auf Rückzahlung der Vergütungsbeträge. Hintergrund war, dass seine Benennung als Testamentsvollstrecker aufgrund der §§ 7 Nr. 1, 27 BeurkG unwirksam sei.

Für dieses Verfahren entnahm der Testamentsvollstrecker weitere 27.000 € dem Nachlass für die Verfahrenskosten.

In der Berufungsinstanz wendete der Testamentsvollstrecker ein, dass seine Ernennung wirksam sei, seine Leistungen angemessen und er von einem gültigen Testamentsvollstreckerzeugnis ausgegangen sei.

Die tragenden Gründe der Entscheidung

Das OLG wies die Berufung zurück und bestätigte das Urteil mit der Begründung:

1. Wirksame Ernennung

Der Beklagte hat nicht, wie von §§ 7, 27 BeurkG untersagt, seine eigene Ernennung beurkundet. In der von ihm beurkundeten Urkunde wurde vielmehr lediglich Bezug genommen auf eine handschriftliche Verfügung der Ehegatten, in der diese den Beklagten bezeichnet hatten. Dies verstößt nicht gegen das Beurkundungsgesetz und stellt auch keine Umgehung der maßgeblichen Vorschriften dar.

2. Verwirkung des Vergütungsanspruchs (§ 242 BGB)

Die zentrale Grundlage des Urteils ist die Verwirkung:

„Eine Verwirkung des Anspruches des Testamentsvollstreckers auf Vergütung (§ 242 BGB) ist (nur) anzunehmen, wenn dieser in besonders schwerwiegender Weise vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen seine Amtspflichten verstoßen hat. Eine Verwirkung kann auch dann eintreten, wenn der Testamentsvollstrecker sich bewusst über die Interessen, für die er als Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, hinwegsetzt und mit seiner Tätigkeit eigene Interessen oder die anderer Personen verfolgt, oder wenn ihm die Interessen der von ihm betreuten Personen ganz gleichgültig sind und er sein Amt so nachlässig versieht, dass von einer ordnungsgemäßen (pflichtgemäßen) Amtsführung nicht die Rede sein kann.“

Hier hatte der Testamentsvollstrecker aus dem Nachlass insgesamt 27.000 € entnommen – in zwei Tranchen (10.000 € und 17.000 €) –, um die in diesem Verfahren benötigten Auslagen von Sachverständigen und Prozesse zu finanzieren – also einen Prozess, der sich gegen ihn selbst richtet. Das OLG war der Auffassung, dass solche Entnahmen für eigene gerichtliche Auseinandersetzungen unzulässig sind, da sie keine Angelegenheiten darstellen, die das Amt betreffen (§ 2213 BGB).

Durch die wiederholte Entnahme trotz Kenntnis der Erben und trotz der Einwände des Erben (z. B. Antrag auf Entlassung) hat der Testamentsvollstrecker grob fahrlässig contra legem gehandelt und eigenes Interesse über die des Nachlasses gestellt. Damit erweist sich sein gesamter Vergütungsanspruch als verwirkt.

3. Prozessführungsbefugnis der Erben

Das OLG stellte klar, dass Erben im vorliegenden Fall – auch gegenüber dem Testamentsvollstrecker – aktiv klagen dürfen, weil der Testamentsvollstrecker aufgrund des Rückforderungsanspruchs selbst gehindert ist, den Nachlassprozess zu führen (§ 2224 BGB). Auch der Mitvollstrecker war aufgrund der Anordnung in den Testamenten, dass die Testamentsvollstrecker nur gemeinsam handeln dürfen, nicht zur Prozessführung befugt.

Praxishinweis

RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, empfiehlt:

  1. Schnelles Handeln der Erben: Erben sollten bei Zweifeln an der Angemessenheit der Testamentsvollstreckervergütung nicht zögern. Eine zu späte Geltendmachung kann zur Verjährung des Rückforderungsanspruches führen. Ggf. kommt eine Entlassung des Testamentsvollstreckers in Frage.

  2. Sorgfaltspflichten des Testamentsvollstreckers: Ein Vollstrecker darf Mittel aus dem Nachlass nicht für eigene Prozessinteressen entnehmen. Hier läuft der Testamentsvollstrecker Gefahr, dass er nicht nur diesen Betrag zurückzahlen muss, sondern seine gesamte Vergütung verwirkt ist.
  3. Gestaltung des Testaments bzgl. der Testamentsvollstreckervergütung: Die Höhe der Vergütung war hier nicht mehr Thema der Gerichtsentscheidung, da das Gericht zu dem Ergebnis kam, dass diese insgesamt verwirkt war. Es empfiehlt sich trotzdem immer in der testamentarischen Anordnung klare Vergütungsregeln zu treffen, um Streit über die Höhe der Vergütung zu vermeiden.


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