31.07.2020
Testamentsvollstrecker – Entlassung – Antragsberechtigung

Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers auch durch unbelasteten Miterben möglich

Häufig gibt es Streit zwischen Testamentsvollstreckern und den Erben. Als letztes Mittel bleibt den Erben nur ein Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers. Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden erklärt welche der Erben berechtigt sind, im Falle einer Dauertestamentsvollstreckung diesen Antrag zu stellen.

Gerade bei minderjährigen, bedürftigen, behinderten oder überschuldeten Erben ordnen Erblasser gerne Testamentsvollstreckung in Form der sog. Dauertestamentsvollstreckung an. Dabei soll der Erbteil des betreffenden Erben auf Lebenszeit oder z.B. bis zum Eintritt der Volljährigkeit durch den Testamentsvollstrecker verwaltet werden. Dies soll den Zugriff von Dritten (Ex-Partner, Gläubiger, Sozialhilfeträger etc.) vermeiden.

Erbe kann auf Erbteil nicht zugreifen 

Anstelle des betroffenen Erben ist dann nur der Testamentsvollstrecker, nicht aber der Erbe, verfügungsbefugt. Der Testamentsvollstrecker hat dabei den Willen des Erblassers umzusetzen.

Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers

In der Praxis kommt es jedoch immer wieder vor, dass Testamentsvollstrecker entgegen den Weisungen des Erblassers handeln, untätig sind oder sich selbst bereichern. In diesem Fall kann der betroffene Erbe einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers beim zuständigen Nachlassgericht  gem. § 2227 BGB stellen. Eine Entlassung durch das Nachlassgericht von Amts wegen erfolgt hingegen nicht.

Antragsberechtigung

Wer bei der Entlassung des Testamentsvollstreckers antragsberechtigt ist, hängt u.a. auch von den Aufgaben des Testamentsvollstreckers ab. Grundsätzlich gilt: Wer von der Frage, ob und wie der Testamentsvollstrecker sein Amt ausübt, betroffen ist, kann einen Antrag auf Entlassung stellen.

Bei einer reinen Abwicklungstestamentsvollstreckung zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist grundsätzlich jeder der Miterben berechtigt einen Antrag auf Entlassung zu stellen, da alle Miterben durch die Testamentsvollstreckung gleichermaßen belastet werden.

OLG München: Bei Dauertestamentsvollstreckung auch nicht betroffene Miterben antragsberechtigt

Liegt eine Dauertestamentsvollstreckung bezüglich eines Miterbteils vor, so ist grundsätzlich nur dieser Miterbe mit der Vollstreckung belastet. Es wäre also auf den ersten Blick naheliegend (so bisher das OLG München Beschluss v. 22.09.2005 – Az. 31 Wx 46/05), wenn nur dieser betroffene Miterbe einen Entlassungsantrag stellen könnte. Das Oberlandesgericht München weicht mit einer neueren Entscheidung (Beschluss vom 09.07.2020 – 31 Wx 455/19) nun von seiner bisherigen Rechtsprechung ab und orientiert sich an der juristischen Literatur und anderen Oberlandesgerichten (z.B. OLG Hamm, OLG Celle): Bei einer nicht auseinandergesetzten Erbengemeinschaft könne auch jeder der anderen Miterben einen Entlassungsantrag stellen.

Dies wird – richtigerweise – damit begründet, dass auch die anderen Miterben (solange die Erbengemeinschaft noch besteht) durch den Testamentsvollstrecker insoweit belastet sind, dass alle Entscheidungen betreffend des Nachlasses mit dem Testamentsvollstrecker getroffen werden müssen. Übt dieser aber sein Amt nicht ordnungsgemäß aus, so betrifft dies alle Miterben. Anders ist dies jedoch, wenn die Erbengemeinschaft bereits auseinandergesetzt worden ist, d.h. alle Nachlassgegenstände aufgeteilt wurden.

Dies dürfte es Miterben zukünftig erleichtern einen Entlassungsantrag für untätige oder unfähige Dauertestamentsvollstrecker zu stellen.

Gründe zur Entlassung des Testamentsvollstreckers

Ein Entlassungsantrag ist jedoch nur dann erfolgversprechend, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, § 2227 BGB. Von dem Gesetz wird insoweit eine grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung genannt, aber auch andere, gleichwertige Gründe können zur Entlassung führen. In der Praxis führt die Untätigkeit, die Weigerung ein ordnungsgemäßes Nachlassverzeichnis zu erstellen oder die Entnahme einer nicht mehr angemessenen Vergütung besonders häufig zur Entlassung.

RA Franz-Georg Lauck, Fachanwalt für Erbrecht in Dresden, empfiehlt zur Streitvermeidung:

  1. Mit einem Testamentsvollstrecker belastete Erben sind in der Regel nicht über die Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers informiert. Um Streit zu vermeiden, empfehlen wir schon frühzeitig eine Erstberatung bei einem Fachanwalt für Erbrecht in Anspruch nehmen.
  2. Stellt der Erbe fest, dass der Testamentsvollstrecker seine Pflichten nicht ordnungsgemäß oder rechtzeitig erfüllt, so ist es in aller Regel zielführend, wenn ein erbrechtlich spezialisierter Anwalt zu Rate gezogen wird. Als letztes Mittel gegen einen ungeeigneten Testamentsvollstrecker kann Sie dieser auch bei einem Entlassungsantrag unterstützen.
  3. Umgekehrt sollte sich der Testamentsvollstrecker seine Pflichten bewusst machen und notfalls anwaltliche Unterstützung in Anspruch nehmen. Denn nicht selten sind Testamente bezüglich der Aufgaben des Testamentsvollstreckers nicht eindeutig und die Abwicklung komplex. Dies gilt insbesondere bei sozialrechtlichem Bezug oder Streit mit oder unter den Erben.
  4. Testierende sollten Testamentsvollstreckung nicht ohne anwaltliche Beratung anordnen. Denn allein die Anordnung reicht meist nicht aus, um die Ziele zu erreichen. Im Testament sollte vielmehr auch angegeben sein, welche Aufgaben der Testamentsvollstrecker und auf welche Weise er diese zu erfüllen hat und welche ggf. nicht sowie welche Vergütung er erhalten soll.


Erstellt von: Franz-Georg Lauck - Fachanwalt für Erbrecht, Dresden

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