Kann der Testamentsvollstrecker wegen Unfähigkeit entlassen werden?

Ist der Testamentsvollstrecker unfähig, sein Amt zu führen, kommt es auf ein Verschulden seinerseits nicht an. Wenn er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen verhindert ist, sein Amt zu führen, können die Interessen der Erbberechtigten geschädigt werden. Dies ist z.B. möglich bei

  • Längerer Krankheit oder Ortsabwesenheit des Testamentsvollstreckers

  • Inhaftierung oder Insolvenz

  • Fehlende Fähigkeit, den Nachlass abzuwickeln

  • Nicht-Auseinandersetzung eines einfach strukturierten Nachlasses um mehr als 10 Jahre

Rechtfertigt Misstrauen gegen den Testamentsvollstrecker dessen Entlassung?

Misstrauen, Feindschaften und Interessengegensätze können zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben bestehen und unter bestimmten Umständen ebenfalls zu seiner Entlassung führen. Hat der Testamentsvollstrecker durch sein Verhalten Anlass gegeben, dass die Erben ihm objektiv misstrauen bzw. eine unparteiische Führung seines Amtes als nicht mehr gegeben ansehen, kann das einen Entlassungsgrund rechtfertigen. Insbesondere, wenn er eine ihm vom Verstorbenen vor dem Todesfall noch übertragene Vorsorgevollmacht zu eigenen Zwecken missbrauchte, werden die Erben ihm erheblich misstrauen, wenn er nach dem Tode Zugriff auf den Nachlass im Rahmen seiner Amtsführung bekommt. Allerdings genügt ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker regelmäßig nicht allein, um den Testamentsvollstrecker zu entlassen. Nur wenn objektive Tatsachen hinzukommen, welche diese Vertrauensbasis zusätzlich untergraben, besteht die Besorgnis, dass eine ordnungsgemäße Amtsführung nicht (mehr) gegeben ist. Der Testamentsvollstrecker leitet sein Amt nicht von den Erben, sondern allein vom Erblasser her ab. Die Rechtsprechung ist, weil eine Reserviertheit der Erben gegenüber einem Testamentsvollstrecker in der Regel immer besteht, bei der Annahme eines gestörten Vertrauensverhältnisses als Entlassungsgrund gegenüber dem Testamentsvollstrecker sehr zurückhaltend. Interessengegensätze, welche das Amt der Testamentsvollstreckung mit persönlichen bzw. privaten Belangen des Testamentsvollstreckers vermischen, können ebenfalls ein Entlassungsgrund sein. Ein einseitiger, eigennütziger Vorschlag zur Auseinandersetzung des Nachlasses durch einen Testamentsvollstrecker, der gleichzeitig Miterbe ist, kann ein solcher Interessengegensatz sein. 

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Der Erblasser sollte möglichst keinen Miterben mit der Testamentsvollstreckung, sondern einen außenstehenden Dritten beauftragen. Weil ein Testamentsvollstrecker, der gleichzeitig Miterbe ist, die alleinige Verfügungsbefugnis über den Nachlass hat, kann allein schon dieser Aspekt Misstrauen und Streit unter den Miterben hervorrufen.

Wie entscheidet das Nachlassgericht über einen Entlassungsantrag gegen den Testamentsvollstrecker?

Das Nachlassgericht ist nicht befugt, das Handeln und die Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers zu überwachen oder gar zu kontrollieren. Dies ist ausschließlich Aufgabe der Erben. Sind diese mit der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers nicht einverstanden und wünschen, dass dieser entlassen wird, müssen sie einen Antrag gemäß § 2227 BGB an das Nachlassgericht stellen. Diesen Antrag kann jeder Miterbe einzeln, ein Vermächtnisnehmer oder auch ein Pflichtteilsberechtigter stellen. Der Antrag muss begründet werden, andernfalls das Nachlassgericht die Begründetheit des Antrags nicht prüfen kann.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Häufig scheitern Entlassungsanträge allein deshalb, weil diese nicht ausreichend begründet werden. Dazu muss der Antragsteller die auf den Einzelfall bezogene Rechtsprechung kennen und auf das jeweilige Entlassungsverfahren anwenden. Der Rat eines Erbrechtsspezialisten (s. www.NDTV.info) ist hierbei unerlässlich.

Kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker trotz seiner Fehler im Amt belassen?

Wenn das Nachlassgericht sich einem Entlassungsantrag gegenüber konfrontiert sieht, hat dies auch die Pflicht, von Amtswegen gemäß § 26 FamFG den Sachverhalt aufzuklären. Alle Beteiligten werden in der Regel angehört. Ergibt sich nach diesen Schritten der Informationsgewinnung für das Nachlassgericht der „wichtige Grund“, der eine Entlassung rechtfertigen kann, ist die Entlassung des Testamentsvollstreckers nicht zwangsläufig auszusprechen. Dem Gericht steht ein sog. Entlassungsermessen zur Seite, denn laut dem Gesetzestext „kann“ es den Testamentsvollstrecker bei Vorliegen eines entsprechend wichtigen Grundes entlassen, muss dies aber nicht tun. Das Gericht hat, wenn eine solche Pflichtverletzung bewiesen und belegt ist, zusätzlich zu prüfen, ob es gewichtige Gründe gibt, die für ein Verbleiben des Testamentsvollstreckers im Amt trotz der Pflichtverletzung bestehen. Für diese Interessenabwägung wird sich das Nachlassgericht vorrangig an dem mutmaßlichen Erblasserwillen orientieren. Es stellt sich in der Regel die Frage, ob der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht benannt hätte, wenn er die – nunmehr bewiesene – Pflichtverletzung des Vollstreckers gekannt hätte. Außerdem muss überlegt werden, welches Interesse die Miterben an der Entlassung haben und welche Interessen bestehen, wenn der Testamentsvollstrecker seine Tätigkeit fortführt. Auch die Frage, ob ein Schaden zum Nachteil des Nachlasses entsteht, wenn der Testamentsvollstrecker trotz Pflichtverletzung weiter tätig ist, wird einbezogen.

Die Tendenz der Rechtsprechung ist „testamentsvollstreckerfreundlich“ ist. Nach dem Motto: „einen Fehler kann jeder einmal begehen“, werden zwar nicht selten die Pflichtverletzungen des Testamentsvollstreckers festgestellt, aber die Konsequenz der Entlassung kaum daran geknüpft. Gerade bei Laientestamentsvollstreckern ist die Hürde, das Entlassungsermessen zu Gunsten der Entlassung zu reduzieren, in der Rechtsprechung sehr hoch.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

In der Regel scheitern Entlassungsverfahren nicht an der Frage, ob ein berechtigter Grund zur Entlassung des Testamentsvollstreckers gegeben ist, sondern weil dem Gericht gegenüber für dessen Interessenabwägung nicht genügend Informationen an die Hand gegeben werden. Der Entlassungsantrag muss deshalb, damit er überhaupt Aussicht auf Begründetheit hat, neben der Pflichtverletzung auch Ausführungen dazu enthalten, wie sich der Erblasser verhalten hätte, wenn er die Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers gekannt hätte. Auch zu den weiteren o.g. Abwägungskriterien sollten in der Begründung des Entlassungsantrages hinreichende Ausführungen gemacht werden. 

Kann ein Testamentsvollstrecker vorläufig entlassen werden?

Vorläufig entlassen darf das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker nicht. Selbst dann, wenn die Erben hierauf nachhaltig drängen, ist ein Antrag auf einstweilige Entlassung des Testamentsvollstreckers nicht zulässig. Andernfalls wäre für die Entscheidung, ob der Testamentsvollstrecker tatsächlich und letztendlich entlassen werden muss, die Verwaltungsbefugnis dem Testamentsvollstrecker entzogen und in der Zwischenzeit den Erben übertragen. Dies widerspricht allerdings dem Willen des Erblassers, der eine durchgängige Testamentsvollstreckung beabsichtigt hatte. 

Entlassung des Testamentsvollstreckers

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Testamentsvollstrecker entlassen werden?

Nicht selten besteht eine Animosität der Erben oder sonstiger, am Nachlass Beteiligter gegenüber dem Testamentsvollstrecker: Immerhin ist nur dieser befugt, den Nachlass zu verwalten, wodurch sich die Erben oftmals „bevormundet“ oder gar vom Erblasser „gegängelt“ sehen. Sie versuchen nicht selten, den Testamentsvollstrecker aus seinem Amt zu drängen. § 2227 BGB gibt Ihnen hierfür die Möglichkeit, knüpft einen solchen Entlassungsantrag allerdings an enge Voraussetzungen. Es muss eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers sowie die Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers zu seiner ordnungsgemäßen Amtsführung vorhanden sein. Darüber hinaus muss, selbst wenn diese Aspekte vom Nachlassgericht bejaht werden, noch eine Ermessensentscheidung des Nachlassgerichts über die Frage, ob der Testamentsvollstrecker trotz Pflichtverletzungen entlassen wird, getroffen werden.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Der Antrag, den Testamentsvollstrecker zu entlassen ist nicht an das Prozessgericht, sondern von den am Nachlass Beteiligten an das Nachlassgericht zu richten und zu begründen. 

Wann hat ein Entlassungsantrag gegen den Testamentsvollstrecker Erfolg?

Voraussetzung für einen erfolgreichen Entlassungsantrag ist zunächst eine grobe Pflichtverletzung. Eine solche liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn der Testamentsvollstrecker ein schuldhaftes Verhalten bei seiner Amtstätigkeit an den Tag legt, welches die Belange der am Nachlass Beteiligten erheblich gefährdet oder – bei geringeren Verstößen –, wie beispielsweise eine Missachtung der Erblasseranordnung oder eine ordnungswidrigen Verwaltung, gegeben sein kann. 

Muss der Testamentsvollstrecker schuldhaft eine Pflichtverletzung begangen haben, um ihn zu entlassen?

Nicht jede Pflichtverletzung, die der Testamentsvollstrecker möglicherweise begeht, kann auch zu einer Schadenersatzhaftung gemäß § 2219 BGB führen. Die „leichte“ Fahrlässigkeit genügt hierfür nicht. Weil der Testamentsvollstrecker die Pflichtverletzung auch schuldhaft begehen muss, um entlassen zu werden, muss derjenige, der den Entlassungsantrag stellt, auch darstellen und ausführen, worin der Fahrlässigkeitsvorwurf gegenüber dem Testamentsvollstrecker genau begründet liegt. Ist der Testamentsvollstrecker beispielsweise erkrankt und kann deswegen bestimmte Verwaltungsaufgaben nicht wahrnehmen, wird ein solches Verschulden hinsichtlich einer Pflichtverletzung fehlen. Bei einer länger andauernden Krankheit des Testamentsvollstreckers kann aber unter Umständen seine Entlassung wegen Unfähigkeit, das Amt zu führen, gegeben sein. 

Welche Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstrecker führt zu seiner Entlassung?

Die Rechtsprechung stellt für die Frage, ob eine grobe Pflichtverletzung vorliegt, immer auf den Einzelfall ab. Es hat sich ein „Katalog“ der Rechtsprechung herausgebildet, in welchem eine solche grobe Pflichtverletzung bejaht wurde. Dieser ist jedoch weder abschließend noch allgemein gültig, sondern gilt lediglich als Richtschnur für vergleichbare Fälle, die jeweils gesondert zu prüfen sind:

  • Übergehen der Anordnungen des Erblassers in seiner letztwilligen Verfügung

  • Der Erblasser hat in seiner letztwilligen Verfügung ausdrücklich die Nachlassauseinandersetzung ausgeschlossen, der Testamentsvollstrecker nimmt diese dennoch vor

  • Völliges Nichtstun des Testamentsvollstreckers

  • Einseitige Bevorzugung einzelner Miterben

  • Der Testamentsvollstrecker betreibt Geschäfte zu seinem Eigennutz mit Nachlassmitteln

  • Schwerer Verstoß gegen die Anhörungsrechte der Erben

  • Verletzung der Kardinalspflicht, ein Nachlassverzeichnis gemäß § 2215 BGB zu erstellen bzw. Erstellung eines mangelhaften Verzeichnisses

  • Weigerung, den Erben das Nachlassverzeichnis gemäß § 2215 BGB zu übersenden.

  • Dauerhafte Verweigerung von Informationen gegenüber den Erben über den Stand der Verwaltungstätigkeit

  • Weigerung, den Erben Rechnung über die Geschäftstätigkeit (ggf. jährlich bei Dauertestamentsvollstreckung) zu legen

  • Entnahme einer weit überzogenen Vergütung aus dem Nachlass

  • Die Bezahlung streitiger Forderungen, ohne diese rechtlich geprüft zu haben oder durch ein Gericht prüfen zu lassen

  • Leichtfertige Prozessführung

  • Die Weigerung, ein vom Erblasser ausgesetztes Vermächtnis aus dem Nachlass zu erfüllen

  • Die Überschreitung des dem Testamentsvollstrecker obliegenden Ermessens bei der Verwaltung des Nachlasses bis zu dessen Auseinandersetzung

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