Wer erledigt noch offene Steuererklärungen des Erblassers?

Der Erblasser hat vor seinem Tod oftmals für seine persönlichen Steuern noch keine Erklärungen abgegeben (z.B. Einkommen-, Umsatz-, Gewerbe-, eigene Erbschaftsteuer usw.). Der Testamentsvollstrecker ist verpflichtet, diese Steuererklärungen nachträglich abzugeben, wenn die Steuer beim Erblasser bereits entstanden, aber noch nicht erklärt worden ist. Diese Steuern stellen ebenfalls Nachlassverbindlichkeiten dar und sind aus dem Nachlass vor der Erbteilung zu zahlen. Damit der Testamentsvollstrecker keine persönliche Steuer des Erblassers bei der späteren Auseinandersetzung übersieht (z.B. auch die Kfz-Steuer), muss er diese Art der Nachlassverbindlichkeiten beim Finanzamt ermitteln. Dazu kann er das zuständige Wohnortfinanzamt des Erblassers um Auskunft über etwa rückständige Steuerlasten nachsuchen.

Formulierungsbeispiel „Finanzamtsanfrage wegen rückständiger Steuer“

An das Finanzamt/St.-Nr.:

Ich zeige unter Beifügung einer Kopie des Testamentsvollstreckerzeugnisses an, dass ich über den Nachlass des am . . . . . . verstorbenen Herrn . . . . . . zum Testamentsvollstrecker bestellt wurde. Damit ich den Nachlass auseinandersetzen kann, frage ich hiermit an, ob der Erblasser noch Steuererklärungen, gleich welcher Art, abzugeben hat? Sollte dies der Fall sein, bitte ich um Mitteilung, um welche Steuerarten es sich handelt und um Bekanntgabe der bei Ihnen geführten Steuernummern. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mir die Informationen bis zum . . . . . . zulassen kommen könnten.

Ergeben sich steuerliche Verpflichtungen des Testamentsvollstreckers wegen Erträgen aus dem Nachlass?

Nehmen die Miterben Einkünfte (z.B. Zinsen, Erträge, Mieten) aus dem der Testamentsvollstreckung unterstehenden Nachlass ein, obliegen diese Einkünfte nicht der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers. Die Miterben müssen deshalb Einkommen-, Umsatz- oder Gewerbesteuern selbst erklären und beim Finanzamt angeben. Der Testamentsvollstrecker muss ihnen für diese Steuererklärungen die notwendigen Angaben nebst Belegen liefern.

Persönliche, also eigene Steuerschulden der Erben, müssen sie selbst bezahlen, nicht hingegen der Testamentsvollstrecker, der die Erbschaftsteuer zu begleichen hat. Sie dürfen jedoch verlangen, dass der Testamentsvollstrecker aus der Erbschaft die entsprechenden Mittel freigibt. Benötigt der Testamentsvollstrecker den Nachlass aber dazu, um andere Nachlassverbindlichkeiten zu bezahlen oder den Nachlass mit diesen Geldern zu erhalten, kann dies zu einer Kollision der gegensätzlichen Interessen führen. Diese Interessen sind vom Testamentsvollstrecker gegeneinander abzuwägen. Regelmäßig hat das Interesse des Nachlasses, für welchen der Testamentsvollstrecker handelt, Vorrang.

Zu berücksichtigen ist, dass der Vollzug des Auseinandersetzungsplanes oder -vertrages, also die Erbauseinandersetzung, vom Bundesfinanzhof als eigenständig zu besteuernder Rechtsakt angesehen wird. Dies kann dazu führen, dass die Erbauseinandersetzung bei einem Miterben einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang, bei einem anderen als Anschaffungskosten steuerrechtlich anzusehen sein kann.

Steuerliche Pflichten des Testamentsvollstreckers

Welche steuerlichen Pflichten treffen den Testamentsvollstrecker?

Den Testamentsvollstrecker treffen nicht nur materiell-rechtliche Pflichten, sondern auch eine Vielzahl von steuerlichen Aufgaben. Er muss beispielsweise die Erbschaftsteuererklärung erstellen. Steuerforderungen gegenüber dem Finanzamt, Erstattungsanträge, sowie die Anmeldung steuerlicher Pflichten des Nachlasses, hat er ebenso zu veranlassen. Die Auseinandersetzung von Betriebsvermögen kann zu einer steuerlichen Belastung der Miterben, beispielsweise durch die Aufdeckung stiller Reserven oder der Herbeiführung eines Veräußerungsgewinns führen; dadurch kann Einkommensteuer bei den Begünstigten anfallen.

Aus diesen Gründen sollte der Auseinandersetzungsplan oder -vertrag vor seinem Vollzug von einem Steuerberater auf seine steuerlichen Auswirkungen überprüft werden. Wird ein Steuerberater hierfür hinzugezogen, darf der Testamentsvollstrecker die Steuerberaterkosten dem Nachlass entnehmen, wenn er selbst nicht in der Lage ist, die steuerlichen Auswirkungen genügend prüfen zu können. Diese Kostenbelastung sollte er zunächst mit den Miterben abstimmen.

Die Rechtsprechung geht sogar so weit, dass sie dem Testamentsvollstrecker die Pflicht auferlegt, einen Steuerberater hinzu zu ziehen, wenn er keine eigenen steuerlichen Kenntnisse hat. Unterlässt er dies, macht er sich schadenersatzpflichtig hinsichtlich eines steuerlichen Schadens gegenüber den Miterben. 

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Nicht selten hatte der Erblasser bereits selbst einen Steuerberater. Der Testamentsvollstrecker sollte mit den Miterben klären, ob das dortige Mandat gekündigt oder fortgeführt werden soll.

Gemäß § 35 Abs. 5 S. 1 ErbStG hat der Testamentsvollstrecker die Pflicht, die Erbschaftsteuererklärung selbst abzugeben. Von dieser „Last“ sind die Erben befreit. Für einen Vermächtnisnehmer muss der Testamentsvollstrecker nur dann die Steuererklärung abgeben, wenn bezüglich dieses Vermächtnisses Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der Testamentsvollstrecker den Aufgabenkreis „Nachlassabwicklung“ inne hat oder nur ein spezielles Vermächtnis zur Erfüllung durch den Testamentsvollstrecker gelangen soll.

Selbst wenn der Testamentsvollstrecker die Steuererklärung alleine unterzeichnet, darf das Finanzamt verlangen, dass einer oder mehrere der Miterben die Steuererklärung ebenfalls mit unterschreibt, § 31 Abs. 5 S. 2 ErbStG.

Problematisch ist, wenn nach Abgabe der Erbschaftsteuererklärung weiterer Nachlass auftaucht, der bisher nicht bekannt war. Der Testamentsvollstrecker muss dann unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, die ursprüngliche Erbschaftsteuererklärung berichtigen und nachmelden, § 153 Abs. 1 S. 2 AO.

Unterlässt der Testamentsvollstrecker die Angabe von Nachlassgegenständen in der Erbschaftsteuererklärung bewusst, stellt dies eine Steuerhinterziehung des Testamentsvollstreckers selbst dar. Erfährt der Miterbe noch vor Ablauf der steuerlichen Festsetzungsfrist, dass der Testamentsvollstrecker die Erbschaftsteuererklärung wissentlich fehlerhaft angefertigt hat, indem er z.B. Schwarzgeld oder Auslandsvermögen bewusst in der Erbschaftsteuererklärung nicht angegeben hat, muss der Miterbe diese Informationen selbst sofort dem Finanzamt mitteilen. Verschweigt er diese, begeht er selbst eine eigene Steuerhinterziehung.

Im Zuge der Nachlassabwicklung fallen dem Testamentsvollstrecker regelmäßig die eigenen Steuererklärungen des Erblassers in die Hände. Kommt er zu dem Schluss, dass der Erblasser diese unvollständig oder unzutreffend gefertigt hat, trifft ihn die persönliche Pflicht, diese Angaben selbst zu prüfen. Notfalls muss er eine Berichtigungserklärung dem Finanzamt nachreichen, § 69 AO. Drängen sich Aspekte dem Testamentsvollstrecker geradezu auf, die darauf hinweisen, dass der Erblasser fehlerhafte Steuererklärungen abgegeben hatte, und berichtigt der Testamentsvollstrecker nach Kenntnis dieser Umstände die Steuererklärungen des Erblassers nicht, haftet er persönlich auf Nachforderungen des Finanzamts.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Der Testamentsvollstrecker muss aus dem Nachlass vor der Auseinandersetzung des Nachlasses die Erbschaftsteuern bezahlen, sonst haftet er hierfür persönlich.

Die Erbschaftsteuer wird durch einen Erbschaftsteuerbescheid festgesetzt. Bis dieser Bescheid vorliegt, kann eine längere Zeit verstreichen. Weil der Testamentsvollstrecker alle Nachlassverbindlichkeiten vor der Erbteilung aus dem Nachlass tilgen muss (hierzu zählt auch die Erbschaftsteuerschuld), sollte die Erbauseinandersetzung nicht vor der Bestandskraft des Erbschaftsteuerbescheides und Bezahlung entsprechender Erbschaftsteuern erfolgen. Erfolgt die Erbteilung dennoch vor Bekanntgabe des Erbschaftsteuerbescheides, sollte der Testamentsvollstrecker den selbst ermittelten Steuerbetrag sowie zusätzlich einen „Sicherheitszuschlag“ zurückbehalten, um die später festgestellte Steuerschuld bezahlen zu können. Sind nicht genügend Barmittel im Nachlass, sollte der Testamentsvollstrecker gemäß § 222 AO die Stundung der Erbschaftsteuer beantragen.

Expertentipp vom Fachanwalt für Erbrecht:

Zur Beantragung der Stundung der Erbschaftsteuer sollte sich der Testamentsvollstrecker von den Erben gesondert bevollmächtigen lassen.

Das Finanzamt entscheidet in eigenem Ermessen darüber, ob die Stundung gewährt wird. Stellt die Bezahlung der Erbschaftsteuer für den Steuerschuldner (den Miterben) eine erhebliche Härte dar, muss die Stundung gewährt werden. Das setzt allerdings voraus, dass die Stundung den Zahlungsanspruch über die Steuer selbst nicht gefährdet.

Formulierungsbeispiel „Stundungsantrag an das Erbschafsteuerfinanzamt“

An das Finanzamt/St.-Nr. . . . . . .

Aus der anliegenden Kopie meines Testamentsvollstreckerzeugnisses ergibt sich, dass ich zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am . . . . . . verstorbenen Frau . . . . . . bestellt wurde. Zusätzlich überreiche ich eine Vollmacht der Miterben. Ich beantrage für die Miterben die Stundung der Erbschaftsteuer bezüglich des eingangs erwähnten Sterbefalles. Im Nachlass ist kaum Barvermögen vorhanden, jedoch eine Immobilie, wie Sie aus der Ihnen bereits übersandten Erbschaftsteuererklärung entnehmen können. Die Miterben selbst können die Erbschaftsteuer aus eigenen Mitteln nicht leisten. Ich habe in meiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker bereits den Verkauf der im Nachlass befindlichen Immobilie eingeleitet. Dieser dürfte innerhalb kürzerer Zeit zustande kommen. Da der Zahlungseingang aus dem Verkauf der Immobilie in Kürze bevorsteht, ist auch eine Gefährdung des Steueranspruchs durch die Stundung nicht gegeben, um die hiermit nachgesucht wird.

Nicht selten werden Nachlässe verteilt, bevor die Erbschaftsteuer gezahlt ist. Dies ist besonders dann problematisch, wenn mit hohen Erbschaftsteuerschulden zu rechnen ist oder die Miterben dringend aus eigenen, prekären finanziellen Lagen heraus auf die Nachlassmasse angewiesen sind. In solchen Fällen steht es dem Finanzamt frei, Sicherheiten aus dem Nachlass zu verlangen, damit die Erbschaftsteuer abgesichert ist. Das Finanzamt kann hierzu verlangen:

  • die Verpfändung von Wertpapieren oder eines Sparbuchs,

  • die Hinterlegung von Zahlungsmitteln (Geld, Schmuck),

  • die Verpfändung von Forderungen gegen den Bund oder ein Land,

  • die Bestellung einer erstrangigen Hypothek oder Grundschuld an einer Nachlassimmobilie,

  • eine Bürgschaft, ein Schuldversprechen oder eine Wechselverpflichtung eines tauglichen Steuerbürgen gemäß § 244 AO.

Was ist nach dem Erlass eines Erbschaftssteuerbescheides zu veranlassen?

Das Finanzamt übersendet an den Testamentsvollstrecker (und nicht an die Erben!) den Steuerbescheid, denn er ist dafür empfangszuständig. In diesem wird die Erbschaftsteuer gegen die steuerpflichtigen Erben festgesetzt. Sobald der Steuerbescheid an den Testamentsvollstrecker bekannt gegeben ist, wird der Steuerbescheid bereits gegenüber den Erben rechtskräftig. Deshalb beginnt mit Zugang des Erbschaftsteuerbescheids beim Testamentsvollstrecker bereits die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs durch die Erben.

Sofort nachdem ihm der Erbschaftsteuerbescheid zugestellt wurde, sollte ihn der Testamentsvollstrecker an alle Miterben übersenden und darauf hinweisen, dass diese Einspruch einlegen können. Er selbst ist hierzu nicht berechtigt!

Steuerschuldner sind allein die Erben, nicht aber der Testamentsvollstrecker. Nur die Erben dürfen deshalb einen Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen oder eine Klage zum Finanzgericht erheben. Wollen die Erben, dass der Testamentsvollstrecker auch das Rechtsbehelfs-, notfalls auch das Klageverfahren gegen den Erbschaftsteuerbescheid durchführt, müssen sie ihn hierzu gesondert bevollmächtigen. Für diese gesonderte Tätigkeit, steht dem Testamentsvollstrecker ein gesondertes Honorar von den Erben zu.

Zur eigenen, haftungsrechtlichen Absicherung sollte der Testamentsvollstrecker bei der Übersendung des Erbschaftsteuerbescheides an die Miterben bereits darlegen, dass er ohne ausdrückliche schriftliche Weisung gegen den Steuerbescheid keine Rechtsbehelfe einlegen wird. Die Einspruchsfrist sollte er ebenfalls benennen und das Schreiben per Einschreiben/Rückschein zusenden.

Formulierungsbeispiel „Übersendung des Erbschaftsteuerbescheides an die Erben“

Mir wurde in meiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker der Erbschaftsteuerbescheid des Finanzamts XY vom . . . . . . am . . . . . . bekannt gegeben. Eine Kopie schließe ich an. Mit dem Datum der Bekanntgabe beginnt die Rechtsbehelfsfrist für die Anfechtung dieses Steuerbescheides. Wenn Sie mit dessen Inhalt nicht einverstanden sind, können nur Sie allein dagegen Einspruch einlegen, da mir als Testamentsvollstrecker die Einspruchsbefugnis nicht zusteht. Auch wenn bereits mit der Bekanntgabe des Steuerbescheides an mich als Testamentsvollstrecker die Rechtsbehelfsfrist zwar in Gang gesetzt wurde, obliegt es nicht mir als Testamentsvollstrecker, sondern ausschließlich Ihnen als Miterbe, gegen den Steuerbescheid vorzugehen, sofern Sie diesen für unrichtig erachten. Auf die anliegende Rechtsbehelfsbelehrung weise ich ausdrücklich hin. Ich selbst als Testamentsvollstrecker werde daher gegen den Erbschaftsteuerbescheid keinen Einspruch einlegen.

Übersendet der Testamentsvollstrecker den Erbschaftsteuerbescheid erst so spät an die Miterben, dass diese die Rechtsmittelfrist nicht mehr einhalten können, steht ihnen auf deren Antrag hin die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu, § 110 AO.

Der Testamentsvollstrecker hat die Erbschaftsteuer aus dem Nachlass zu bezahlen. Bis dahin hat er die Auseinandersetzung des Nachlasses zurück zu stellen. Hat er zu viel Erbschaftsteuer bezahlt, erstattet ihm das Finanzamt die Überzahlung. Diese muss er dann unter den Miterben wiederum verteilen.

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